Der Verein Aufbruch Stuttgart übt Kritik an der vom Land geplanten Bürgerbeteiligung zur Opernsanierung. Sie sei „parteiisch, unfair und wissenschaftlich nicht seriös“, heißt es in einer Pressemitteilung. Das Land äußerte sich zu den Vorwürfen auf Anfrage nicht.

Stuttgart - Am Mittwoch hatte Staatsrätin Gisela Erler die Rahmenbedingungen für das geplante Bürgerforum vorgestellt. Einen Tag später erfolgte prompt die Reaktion der Initiative Aufbruch Stuttgart. Der Verein um den Ex-TV-Moderator Wieland Backes bezeichnete in einer Pressemitteilung die angekündigte Bürgerbeteiligung, bei der Anfang/Mitte März 40 zufällig ausgewählte Bürger aus Stadt, Land und Region eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen erarbeiten sollen, als „parteiisch, unfair und wissenschaftlich nicht seriös“. Und das, obwohl die Initiative Gelegenheit erhält, ihre alternativen Ideen ebenfalls den Bürgern zu präsentieren.

 

Die „hohen Erwartungen“ der Initiative an die Bürgerbeteiligung seien schwer enttäuscht worden, heißt es weiter. Die Auswahl der Experten, die den Bürgern zunächst eine Einführung in die Thematik unter verschiedenen Gesichtspunkten geben sollen, sei „unausgewogen“ und nehme ein „parteiisches Ergebnis de facto vorweg“. Vortragen sollen unter anderem Architekten, Vertreter von Stadt und Land, Vertreter des Königin-Katharina-Stifts, auf dessen Areal der Aufbruch gern eine Interimsoper sehen würde, sowie Denkmalschützer, aber auch Kritiker der geplanten milliardenteuren Sanierung der Staatsoper wie der Bund der Steuerzahler und eben Vertreter des Vereins Aufbruch Stuttgart.

Initiative kritisiert auch, dass die Oper als Gastgeber für das Bürgerforum fungiert

Die Initiative bemängelt, dass darüber hinaus nicht auch Kulturschaffende, Nicht-Opernbesucher oder Menschen aus entfernteren Gegenden des Landes zu Wort kämen. Auch die Aussagekraft der Empfehlung der 40 repräsentativ ausgewählten Zufallsbürger sei nicht verlässlich. „Das tatsächliche Meinungsbild der gesamten Bürgerschaft könnte in Wirklichkeit ganz anders sein“, so der rund 700 Mitglieder starke Verein. Kritisiert wird auch, dass das Bürgerforum in einem Proberaum des Opernhauses stattfinde, die Oper als Gastgeber fungiere und unter anderem den Besuch einer Opernaufführung für die Bürgergruppe organisiere. Durch dieses „Wohlfühlambiente“ würden die Bürger bei ihrer Meinungsbildung beeinflusst, schreibt der Aufbruch.

Zu guter Letzt kritisieren Backes und Co. auch die Tatsache, dass eine vom Land beauftragte Agentur den Beteiligungsprozess organisiert und moderiert. Dies werde nicht dazu beitragen, „dass eine Willensbildung befördert wird, die den Intensionen des Auftraggebers widerspricht.“ Fazit des Aufbruchs: Es handele sich um „kein faires Verfahren, das die Bürgerschaft ernst nimmt.“ Ein Sprecher der Landesregierung wollte auf Anfrage unserer Zeitung die Kritik des Vereins nicht kommentieren.

Linksbündnis im Rat bemängelt, dass die Variante Rosensteinoper fehlt

Auch der Fraktionssprecher des Linksbündnisses im Gemeinderat, Hannes Rockenbauch, übte unterdessen Kritik am Verfahren. So werde etwa die Variante, die Interimsoper für die Dauer der Sanierung des Littmann-Baus ins Paketpostamt am Rosensteinpark anstatt an die Wagenhallen zu verlegen, gar nicht mehr aufgerufen. Dabei sei genau dies im Ideenwettbewerb für das Rosensteinquartier von den Preisträgern durchaus als Option vorgeschlagen worden. OB Fritz Kuhn (Grüne) hatte im Mai 2018 das Aus für die entsprechenden Pläne verkündet – aus Kostengründen. Die jetzige Variante für eine Übergangsoper bei den Wagenhallen sei teurer, so Rockenbauch. Er erinnerte daran, dass es nur wegen der sogenannten Stuttgart -21-Mehrheit (CDU, SPD, FDP, Freier Wähler) nicht möglich gewesen sei, einen dauerhaften Kulturstandort am Rosensteinpark ernsthaft zu prüfen. Die Bahnhofsbefürworter hatten seinerzeit den Bürgern als Kompensation für der unterirdischen Durchgangsstation die Erweiterung des Parks an dieser Stelle versprochen.