Die kommunalen Spitzenverbände im Land wehren sich gegen Thesen von Umweltminister Peter Altmaier. Sie fürchten, bei der Wertstofferfassung ausgebootet zu werden.

Stuttgart - „Enttäuschend“, „anstößig“, „geschichtsklitternd“ – die Vokabeln, die sich in der „Replik auf das Thesenpapier des Bundesumweltministeriums zur Fortentwicklung der haushaltsnahen Wertstofferfassung“ finden, zeugen nicht von Harmoniebedürfnis. In ihrer Erwiderung zerpflücken Landeskreis- und Städtetag sowie die Landesgruppe Baden-Württemberg des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) jeden Satz von Peter Altmaiers Vorstoß zur Einführung einer Wertstofftonne. Der Umweltminister habe sein Konzept „von vorneherein so designt“, dass die Verpackungsverordnung zur „Schablone für die einheitliche Wertstofferfassung“ avanciere. Dabei sei diese „von Anfang an ein Ärgernis“ gewesen.

 

Altmaier will eine gemeinsame Erfassung von Verpackungen und sogenannten stoffgleichen Nichtverpackungen. Niemand verstehe, warum ein Joghurtbecher über gelbe Tonne oder gelben Sack, abgewracktes Spielzeug aus dem gleichen Material aber über die Mülltonne zu entsorgen sei. Dieses Unverständnis drücke sich in vielen „intelligenten Fehlwürfen“ aus: Bürger schmeißen beides in den gelben Sack.

Mehr Wiederverwertbares

Eine intelligente Erfassung werde mehr wiederverwertbares Material bringen. Das ist das Ziel. Gesammelt werden solle in der „einheitlichen Wertstofftonne“. In ihr würden bisher schon organisierte Wertstoffsammlungen und duale Systeme mit ihren gelben Säcken oder Tonnen zusammengeführt. Umstritten ist freilich, wer die Trägerschaft dieses Systems übernehmen soll.

Altmaier schwebt ein „bundesweit einheitlicher Zuweisungskatalog“ vor, der vorschreibt, was in die Tonne kommt. Holz und Textilien seien dafür ungeeignet. Bei Papier, Glas, Batterien und Elektrogeräten soll es bei den bestehenden Wegen bleiben.

Das Prinzip erkennen auch die Kommunalverbände im Südwesten an. Eberhard Trumpp, der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, und Stefan Gläser, dessen Kollege beim Städtetag, finden dafür sogar ähnliche Worte wie Altmaier. Wolfgang Bagin, der Landesvorsitzende der Abfallsparte im VKU ergänzt: „Die kommunalen Abfallwirtschaftsbetriebe sind ohne weiteres in der Lage, eine solche einheitliche Wertstofferfassung unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten zu organisieren, wenn man sie nur lässt.“

„Ehrgeizige Verwertungsquoten vorgeben“

Genau das ist für die Kommunen der Punkt: Sie befürchten, dass Altmaier „die Wertstofferfassung bundeseinheitlich reglementieren“ und dabei die privaten Dualen Systeme maßgeblich in Stellung bringen will. Die kommunale Abfallwirtschaft im Land plädiert demgegenüber dafür, „die Land- und Stadtkreise um das beste Erfassungs- und Verwertungssystem miteinander konkurrieren zu lassen, ihnen hierbei aber zugleich ehrgeizige Verwertungsquoten gesetzlich vorzugeben“.

Die Verpackungsverordnung, auf die die dualen Systeme zurückgehen, würde von Altmaier „ausführlich gefeiert“. Dabei hätten öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger schon früher Wertstoffe separat eingesammelt. Sie würden auch heute noch „ungleich mehr“ erfassen als die dualen Systeme. Die Erfassung der Verpackungen führe bei hohen Kosten zu unbefriedigenden Verwertungsergebnissen. Insoweit sei es „geschichtsklitternd“, wenn das Gedeihen der Recyclingwirtschaft darauf zurückgeführt werde, dass die produzierende Wirtschaft per Verpackungsverordnung in die Abfallentsorgung einbezogen wurde.

Rückendeckung bekommen die Kommunen vom Umweltministerium des Landes. Die Wertstoffsammlung solle Sache der Kommunen sein. Sie profitierten dann vom steigenden Wert der Wertstoffe, erklärte ein Sprecher von Umweltminister Franz Untersteller (Grüne). Damit könnten sie die Müllgebühren stabil halten. Sollte der Bund die Interessen der Kommunen unter den Tisch fallen lassen werde man „natürlich politischen Widerstand leisten“.