Die Schließung der Grenze zur Schweiz hat Konstanz das natürliche Hinterland genommen – und manchem Bewohner den Kontakt zur großen Liebe.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Konstanz - Am Sonntagabend vor einer Woche hat sich Andrea Rohde noch einmal inniglich von ihrem Markus verabschiedet. „Wir haben uns länger als sonst im Arm gehalten“, sagt die 59-Jährige. Denn da war schon klar: Es könnte einige Zeit dauern, ehe sich das deutsch-schweizer Paar wiedersieht. Und auch Niro, der weiß-braune Parson Russel der beiden, blieb herrchenlos zurück.

 

Seither geht es Andrea und Markus wie den Königskindern in der berühmten Volkssage, die einander so lieb haben und doch nicht zueinander kommen können. Sie wohnt im Konstanzer Ortsteil Dettingen, er in Tägerwilen im Kanton Thurgau. Luftlinie sind es zwischen beiden Orten kaum acht Kilometer. Dazwischen liegt der Bodensee, doch das Problem ist nicht das Wasser, von dem es in der Sage heißt, dass es zu tief war. Es ist die neuerdings wieder unüberbrückbare Grenze.

Erst schließt die Schweiz, dann schließt Deutschland

Vor zehn Tagen hat die Schweiz zur Eindämmung der Coronaepidemie dicht gemacht, Deutschland folgte kurz darauf. Seither ist der kleine Grenzverkehr zum Erliegen gekommen. Die Schweizer Einkaufstouristen müssen draußen bleiben, umgekehrt dürfen die Konstanzer nicht in ihr angestammtes Schweizer Naherholungsgebiet.

Und auch die Liebenden sind betroffen. „Wir haben klare Einreisebeschränkungen“, sagt Matthias Simmen von der Eidgenössischen Zollverwaltung. Ausnahmen gibt es nur für Berufspendler und aus triftigem Grund. Die Liebe ist keiner. Andrea und Markus haben sich vor zehn Jahren bei einem Singleurlaub auf Zypern kennen und lieben gelernt. Doch das spielt keine Rolle. Selbst der Besuch eines Ehepartners rechtfertige keinen Grenzübertritt, heißt es bei der deutschen Bundespolizei.

Die alte Grenzabsperrung kehrt zurück

Zwischen dem Konstanzer Sealife Center und der Kreuzlinger Eishalle, wo vor 20 Jahren Kunstwerke den alten Grenzzaun ersetzten, ist jetzt wieder abgesperrt. Durch den provisorisch errichteten Bauzaun suchen vereinzelt Paare den Körperkontakt. Der Zoll ließ die Grenzknutscher gewähren. Die aufkommende Brise und die kalten Temperaturen hätten das Problem mittlerweile gelöst, sagt Urs Hüni, Postenchef beim Grenzwachtkorps in Kreuzlingen. Auch Andrea verzichtet auf den Abstecher – wegen einer Mittelohrentzündung.