Der Öhringer Blutstreifling ist Baden-Württembergs Streuobstsorte des Jahres. Er ist beliebt bei den Alten, die ihn von früher kennen, und bei den Jungen, die auf der Retro-Welle reiten.

Untersteinbach -

 

Er sei „wohlschmeckend, fest und saftig“. Der Landesverband für Obstbau, Garten und Landschaft Baden-Württemberg – kurz LOGL – hat einen Apfel mit dem Namen Öhringer Blutstreifling zur Streuobstsorte des Jahres 2019 gekürt.

Es war der Pomologe Friedrich Lucas, der Anfang des 20. Jahrhunderts als Erster den Zufallssämling aus dem Öhringer Raum beschrieb. Noch 1929 stand der Mutterbaum in Öhringen-Unterohrn (Hohenlohekreis). Bei der Suche nach der alten Sorte ist Günter Böhringer aus Untersteinbach nahe Öhringen behilflich, der mit seiner Frau Ulla einen Obstbau- und Brennereibetrieb führt und auf seinen Wiesen noch einige alte Streuobstsorten bewahrt hat.

Die Kostprobe aus dem vergangenen Jahr überzeugt nicht

Während im angrenzenden Steinbacher Tal die Obstbäume in voller Blüte stehen, hat der Öhringer Blutstreifling auf der Streuobstwiese der Böhringers kaum ausgetrieben. Der Obstbaumeister weiß warum. „Die Sorte ist alternierend“, sagt er, sie trägt nur jedes zweite Jahr ordentlich Früchte. Im Keller der Böhringers lagern aber noch einige Kisten der kleinen roten, mit den namensgebenden dunkleren Streifen durchzogenen Äpfel vom vergangenen Jahr. Die Kostprobe überzeugt nicht recht. „2018 war viel zu trocken“, erklärt der 54-Jährige, „normalerweise hat er wenig Säure und schmeckt saftig-süß.“ Er gehört zu den späten Sorten – geerntet wird im Oktober. Lagerfähig ist der Öhringer Blutstreifling bis April. Der Wirtschaftsapfel wird in Verbindung mit säurereichen Sorten auch als Saft- und Mostapfel eingesetzt.

Im Hofladen in Untersteinbach sowie auf Wochenmärkten in Schwäbisch Hall, Gaildorf und Gerlingen bringen die Böhringers Äpfel, Birnen und Beeren aus eigenem Anbau an die Kundschaft. „Es gibt Leute, die gezielt nach alten Sorten fragen“, berichtet der Obstbaumeister, „Ältere, die sie noch von früher kennen, und Jüngere, die was im Netz gelesen haben.“ Ihr Geld verdienen die Böhringers damit nicht, doch die alten Sorten sind ihnen ein Anliegen.

Vom Streuobsttag bis hin zur Ausbildungsgang Streuobstpädagogik

Der Retro-Trend bei den Obstsorten ist allenthalben festzustellen. Um die Bestände der regionalen Streuobstsorten im Hohenlohekreis zu sichern, bieten Monika Göltenboth und ihre Kollegen vom Landwirtschaftsamt in Öhringen jeden Winter einen Baumschnittkurs und einen Streuobstpflegetag an. Mit großem Erfolg: „Das Interesse ist ungebrochen.“ Wie viele Bäume mit der Streuobstsorte des Jahres auf den Wiesen der Region stehen, weiß selbst sie nicht genau. „Rund 3000 Hochstämme mit alten Streuobstsorten wurden innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft Öhringen-Pfedelbach-Zweiflingen gepflanzt“, berichtet die Streuobstexpertin, „darunter auch der Öhringer Blutstreifling.“ Die Abgabe der Setzlinge an Streuobstwiesenbesitzer ist kostenlos: 50 Prozent zahlen die Kommunen, 50 Prozent das Land.

Immerhin stehen in Baden-Württemberg die größten zusammenhängenden Streuobstbestände Europas. Das verpflichtet. „Die Streuobstwiesen genießen als prägendes Element unserer abwechslungsreichen Kulturlandschaft eine besondere Wertschätzung“, lobt Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) die Anstrengungen seines Ministeriums, wie den Streuobsttag oder die Ausbildung Streuobstpädagogik. Von Amts wegen wird auch der jährliche Streuobstpreis unter dem Motto „Artenreiches Grünland – Die Farben unserer Streuobstwiese“ ausgeschrieben. Gesucht werden herausragende Beispiele für eine naturverträgliche, artenfördernde Grünlandnutzung von Streuobstwiesen. Bewerbungsschluss ist der 31. August.