Rund hundert Landwirte, Hobbybewirtschafter von Streuobstwiesen und Behördenvertreter haben sich getroffen, um über die Zukunft der Streuobstwiesen im Biosphärengebiet Schwäbische Alb zu diskutieren. Eine bessere Vermarktung der Produkte und mehr Wissenstransfer könnten Teil der Lösung sein.

Kreis Esslingen - Frische Früchte von den eigenen Bäumen – das reizt offenbar immer weniger Menschen. Beim dritten Zukunftsforum Biosphärengebiet Schwäbische Alb zum Thema „Streuobstwiesen mit Artenvielfalt erhalten“ haben sich rund hundert Landwirte, Hobbybewirtschafter von Streuobstwiesen und Behördenvertreter am vergangenen Samstag in der Reußensteinhalle in Neidlingen über die Zukunft der Obstwirtschaft in der Region unterhalten.

 

„Man muss neue Wege finden“, sagt Rainer Striebel. Er ist in der Geschäftsstelle des Biosphärengebiets Schwäbische Alb, die beim Regierungspräsidium Reutlingen angesiedelt ist, zuständig für das Thema Streuobst. Die Zahl der bewirtschafteten Streuobstwiesen sei in den vergangenen Jahren geringer geworden, sagt Striebel. Zwar sei eine genaue Quantifizierung des Rückgangs schwierig, weil man bei der Zählung der Streuobstwiesen aus der Luft zuweilen kaum erkennen könne, ob eine Streuobstwiese noch bewirtschaftet werde. Doch daran, dass die bewirtschafteten Wiesen weniger werden, hat der Fachmann keine Zweifel.

Mehr Menschen für das Thema begeistern

„Die Bewirtschafter fallen zum Teil aus Altersgründen aus“, erklärt er eine der Ursachen dafür, warum eine Streuobstwiese irgendwann nicht mehr gepflegt wird. Zudem bedeute so eine Wiese viel Arbeit. Gerade bei Hobbybewirtschaftern ist es manchmal schwierig, einen Nachfolger für das „Stückle“ zu finden. Die Kinder wohnen vielleicht weit weg oder haben schlicht kein Interesse am Obstbau. Und manchmal fehlten den Besitzern, etwa wenn sie eine entsprechende Fläche geerbt haben, auch einfach die Kenntnisse für die richtige Bewirtschaftung der Wiesen. Um die Probleme der Nachwuchsfindung zu lösen und Kenntnislücken zu schließen, könnten Streuobstpädagogen versuchen, Menschen für das Thema zu begeistern und das notwendige Wissen dazu zu vermitteln, meint Striebel.

Ein weiterer Grund für die Abnahme der bewirtschafteten Streuobstwiesen ist aus Striebels Sicht der geringe Erlös, der mit dem Verkauf von Streuobst erzielt wird. Für hundert Kilogramm Äpfel bekomme ein Obstlieferant etwa sieben Euro. Einen zwei- bis dreimal so hohen Preis erzielen dagegen Äpfel, die mit einem Biosiegel versehen seien, erklärt der Fachmann. Viele der Obstbauern züchteten ihre Früchte so, dass sie problemlos ein Biozertifikat bekommen könnten. Allerdings sei der Erhalt des Zertifikats mit einem gewissen bürokratischen Aufwand verbunden, den derzeit wohl noch viele scheuten, vermutet Striebel. Würde es gelingen, mehr Obstbauern von den Vorteilen der Biozertifizierung zu überzeugen, könnten auch deren Erlöse gesteigert werden und die Streuobstwiesenbewirtschaftung wäre lohnender.

Gezieltere Vermarktung von regional geernteten Früchten

Eine weitere Möglichkeit für höhere Absatzzahlen zu sorgen, biete eine gezieltere Vermarktung von regional geernteten Früchten oder lokal hergestellten Produkten wie Saft. Es könnte noch deutlicher auf den Nutzen der Bewirtschaftung der Streuobstwiesen für die Natur der Region hingewiesen werden, meint er.

„Die Streuobstwiesen werden als die artenreichste Kulturlandschaft in Mitteleuropa bezeichnet“, erklärt Striebel. Denn durch die Bewirtschaftung bieten die Streuobstwiesen quasi auf mehreren Etagen zahlrechen Insekten, Vögeln und kleinen Säugetieren eine Heimat und Nahrung. In den Streuobstgebieten zwischen Alb und Neckar leben mehr als 5000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten.

Dem jetzigen dritten Zukunftsforum sind die Zukunftsforen „Insektensterben stoppen, Biodiversität erhalten“ sowie „Getreideanbau wird nachhaltiger!“ vorangegangen. Am 24. Mai wird die Reihe der Zukunftsforen des Biosphärengebiet Schwäbische Alb mit dem Thema „Fleischerzeugung und Fleischkonsum: regional und nachhaltig“ abschließen. Mit den Ergebnissen der Veranstaltungen möchte das Biosphärengebiet Schwäbische Alb Lösungen für die verschiedenen Probleme erarbeiten, die sich der Landwirtschaft und dem Naturschutz stellen.