Der Ginstr ist gestartet: Gin aus Stuttgart fliegt zur Raumstation ISS. Studenten der Uni Stuttgart wollen mit ihren Experimenten einen Beitrag zur wartungsfreien Raumfahrt leisten.

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch hat sich ein unbemannter Dragon-Frachter vom US-Weltraumbahnhof in Cape Canaveral auf den Weg zur Internationalen Raumstation ISS gemacht. Mit an Bord sind wissenschaftliche Experimente von Studierenden der Universität Stuttgart. Ein Teil der 23-köpfigen studentischen Projektgruppe hatte deshalb den Start der Space-X-Versorgungsrakete um 2.30 Uhr deutscher Zeit live in den USA mitverfolgt.

 

Raketenstart bei klarem Himmel

Im Rahmen eines sogenannten Post-Launch-Events berichtete Daniel Bölke von der Kleinsatellitengruppe KSat der Uni Stuttgart am Mittwochvormittag direkt aus Florida von seinen Eindrücken: „Der Himmel war klar“, schwärmte Bölke via Videokonferenz. „Der Start der Rakete ein beeindruckendes Erlebnis.“

Das gelungenen Abheben des Raumfrachters nahmen die daheimgebliebenen Studenten zum Anlass, im Raumfahrtzentrum der Universität Stuttgart in Vaihingen die wissenschaftlichen Projektexperimente vorzustellen, die in den kommenden 30 Tagen auf der ISS gemacht werden. In insgesamt drei Anwendungen soll demnach untersucht werden, wie sich sogenannte Ferrofluide in der Schwerelosigkeit verhalten.

Ferrofluide sind Flüssigkeiten, in denen magnetische Eisenpartikel vorhanden sind, die auf externe Magnetfelder reagieren. Ziel der Forschung ist es, mechanische Teile wie Schalter durch weniger verschleißanfällige und wartungsfreie Technologien zu ersetzen. „Wartung ist in der Raumfahrt ein großes Problem“, so Manfred Ehresmann vom Institut für Raumfahrtsysteme (IRS) der Universität Stuttgart. Mit Hilfe der Weltraum-Experimente, die in einem kaum schuhkartongroßen Kästchen Platz finden, werden auf Basis der Ferrofluid-Technologie nun thermische und elektrische Schalter sowie ein System zur Lageregelung von Kleinsatelliten getestet.

Studenten aus vielen Fachgebieten

An den Versuchsanordnungen, die in weniger als eineinhalb Jahren entwickelt wurden, beteiligten sich Studierende der Luft- und Raumfahrttechnik, Chemie, Physik, Elektrotechnik, Informatik und dem Maschinenbau, erklärte die studentische Projektleiterin Saskia Sütterlin. Einer Chemikerin der Projektgruppe sei es zu verdanken, dass mit der Versuchsvorrichtung jetzt auch sieben Milliliter des in Stuttgart hergestellten Gins namens Ginstr in den Orbit reisen.

„Sie hatte die gute Idee, statt Isopropanol Ethanol im Experiment zu verwenden“, sagte Sütterlin. Der farblose Alkohol stabilisiere das Gemisch und gestatte klare Sicht auf das Experiment. Weil der Gin aus Stuttgart mit 44 Prozent genau den richtigen Alkoholgehalt hat, bekam er den Zuschlag. Der gewünschte Nebeneffekt des PR-Coup: Von jeder verkauften Flasche der Space-Sonderedition des Herstellers gehen zur Finanzierung der Reisekosten fünf Euro an die KSat-Studenten.

Noch fliegt der Gin nach oben

Noch ist die Versuchsbox aber nicht am Ziel: Erst am Donnerstag wird der Dragon-Frachter an der ISS andocken. Wann genau die vollautomatisch laufenden Experimente gestartet werden, ist noch unklar. An Bord des Frachters sind neben den Experimenten aus Stuttgart auch solche von studentischen Teams aus Hannover, München und Luxemburg. Die vier Projektgruppen hatten sich 2021 in einem Wettbewerb des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gegen acht weitere durchgesetzt.