Städtetag, Gemeindetag und Landeskreistag sind gegen den Ausstieg aus der Finanzierung für Stuttgart 21. Das sei rechtlich fragwürdig.

Stuttgart - Härter könnte die Kritik kaum sein: "Inhaltlich falsch, wirtschaftlich untragbar und verfassungsrechtlich äußerst fragwürdig" sei der von der Landesregierung geplante Ausstieg aus den Finanzierungsvereinbarungen für das Bahnprojekt Stuttgart 21. Das stellen der Städtetag, der Gemeindetag und der Landeskreistag Baden-Württemberg in einer gemeinsamen Erklärung fest. Vergangene Woche hatte Grün-Rot einen Gesetzentwurf präsentiert, der den Weg zu einer Volksabstimmung ebnen soll - wenn er, wie geplant, im Landtag abgelehnt wird.

 

"Ich halte eine Kündigung der Finanzierungsverträge für das Bahnprojekt Stuttgart 21 schlichtweg für rechtswidrig", sagt der Präsident des Landkreistages und Hohenloher Landrat Helmut M.Jahn. Der CDU-Mann bezeichnet selbst die Begründung des Gesetzentwurfes als unsauber: "Das Gesetz verstößt gegen die Landesverfassung." Eine "Ansammlung von politischen Argumenten" gegen das Bahnprojekt sei "keine rechtliche Grundlage für den Ausstieg aus gültigen Verträgen".

Verheerendes Signal

Auch die der SPD nahestehende Oberbürgermeisterin von Reutlingen und Präsidentin des Städtetags, Barbara Bosch, kann dem grün-roten Plan nichts abgewinnen: "Mit diesem Vorgehen wird Bürgerbeteiligung gegen Rechtsstaatlichkeit ausgespielt. Das schadet der Demokratie und allen politischen Verantwortlichen." Bei diesem Verfahren "können wir davon ausgehen, dass ein Volksentscheid - wie auch immer er ausgeht - vom Staatsgerichtshof für nichtig erklärt würde, weil die Abstimmung verfassungswidrig wäre", sagt der Frontmann des Gemeindetages, Roger Kehle. "Das wäre ein verheerendes Signal und würde die Skepsis vieler Bürger gegen die Politik erheblich verstärken."

Alle drei Kommunalverbände hatten sich im Oktober ausdrücklich dafür ausgesprochen, das Investitionsvorhaben zu verwirklichen. Sie versprechen sich davon die "Anbindung des ländlichen Raumes an eine moderne Schieneninfrastruktur". Nun befürchten sie "immense Schadenersatzansprüche der Bahn gegenüber dem Land", wenn es zu einem vertragswidrigen Ausstieg kommen würde, und wollen wissen, aus welchen Etats der Schadenersatz finanziert werden soll.

Geißlers Kompromissvorschlag

Die Einlassungen der Spitzenvertreter sind vor allem wegen der Deutlichkeit der Sprache von Interesse. Sie wollen ihr niederschmetterndes Urteil auch nicht nur in der laufenden Anhörung zu dem Gesetzentwurf zu Protokoll geben, sondern "gemeinsam mit dem Stuttgarter Oberbürgermeister auf die Landesregierung und den Landtag zugehen, um die schwerwiegenden rechtlichen Bedenken vorzutragen". Im Übrigen halten die drei auch nichts von Heiner Geißlers Kompromissvorschlag.