Olaf Drescher wird neues Mitglied in der Leitung der Bahn-Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm, die den Umbau des Bahnknotens sowie die neue Strecke nach Ulm verantwortet. Der bisherige Chef Manfred Leger bleibt auf seinem Posten, verliert aber die Zuständigkeit für den technischen Bereich.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart -

 

Die Kostensteigerung und der nicht einzuhaltende Terminplan für Stuttgart 21 ziehen personelle Konsequenzen nach sich. Die Geschäftsführung der Bahnprojektgesellschaft Stuttgart-Ulm (PSU), die Stuttgart 21 und die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm verantwortet, wird um Olaf Drescher erweitert. Er ergänzt die bisher aus Manfred Leger, Peter Sturm und Harald Klein bestehende PSU-Führungsriege. Das hat Bahn-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla in einem Weihnachtsbrief angekündigt, der am Montag an die Mitarbeiter des Infrastrukturbereichs der Deutschen Bahn verschickt wurde. Über die Kostensteigerungen und den Terminverzug wird der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn auf einer Sondersitzung am 26. Januar beraten.

Drescher, der seine Stelle in Stuttgart zum 1. Februar 2018 antreten soll, hat sein jüngstes Großprojekt eben erst abgeschlossen – im Termin- und Kostenrahmen, wie man bei der Bahn betont. Er verantwortete zuletzt als Projektleiter die neue Schnellfahrstrecke zwischen Ebensfeld (Bayern) und Erfurt, die als letzter Teil der Schnellverbindung zwischen München und Berlin am 10. Dezember in Betrieb gegangen ist. Dass die Trasse seit dem nicht aus den Schlagzeilen kommt, sei nicht der Arbeit des neuen Vorstandskollegen anzulasten, so Leger. Die Probleme dort lägen nicht an der Infrastruktur sondern an der digitalen Technik in den Zügen.

Leger konzentriert sich auf die Zusammenarbeit mit den Partnern

Manfred Leger, seit September 2013 Stuttgart-21-Chef, bleibt Vorsitzender der Geschäftsführung der Projektgesellschaft. Er gibt die Zuständigkeit für die Technik an Drescher ab. Leger empfindet die Entscheidung des Bahnvorstandes keinesfalls als Degradierung. „Die technischen Anforderungen im Projekt werden mehr. Olaf Drescher ist ein absoluter Spezialist und wird sich darum kümmern. Das erlaubt mir, mich fokussierter um meine Aufgaben zu kümmern“. Die sieht der häufig als „Außenminister des Projekts“ apostrophierte Wirtschaftsingenieur im Zusammenspiel mit den Projektpartnern. „Ich bleibe deren Ansprechpartner“, sagt Leger. Als Beispiele für die wachsenden Herausforderungen nennt der Bayer die Integration der neuen S-21-Infrasturktur ins bestehende Bahnnetz sowie die Übergabe des Rohbaus des Stuttgarter Bahnknotens an die Experten, die die Bahntechnik einbauen.

Der 58-Jährige Drescher stammt aus Dresden. Nach seiner Ausbildung zum Elektrosignalmechaniker durchlief er zunächst die Ingenieur-Schule für Verkehrstechnik in seiner Heimatstadt und anschließend die Hochschule für Verkehrswesen, die er als Diplom-Ingenieur für Informationstechnik verließ. 1983 kam er zur damaligen Deutschen Reichsbahn in der DDR und blieb nach der Wiedervereinigung auch der Deutschen Bahn treu. Unter anderem verantwortete er das Projektzentrum für die Ausbaustrecke Berlin-Hamburg.

Olaf Drescher bekommt Stellvertreterposten

Drescher wird in Stuttgart offiziell Stellvertreter des 63-jährigen Manfred Leger, dessen Geschäftsführer-Vertrag bis Juli 2021 läuft. Gut möglich also, dass Drescher der Mann an der Spitze ist, wenn der neue Bahnknoten in Betrieb geht. Nach jüngsten Prognosen könnte das frühestens im Jahr 2024.

Auch innerhalb des bisherigen PSU-Vorstandes wird es Veränderungen geben. So geht die Zuständigkeit für die Öffentlichkeitsarbeit von Peter Sturm auf Manfred Leger über. Die Projektgesellschaft war 2013 aus der Taufe gehoben und hatte damals ein vierköpfiges Führungsgremium, zudem neben den aktuellen Geschäftsführern auch noch Stefan Penn gehörte, der sich um technische Fragen kümmerte. „Wir stellen also eigentlich den damaligen Zustand wieder her“, sagt Leger.

Zuletzt gab es einen Rüffel aus Berlin

Zuletzt konnten Beobachter den Eindruck gewinnen, dass das Verhältnis zwischen der Stuttgarter PSU-Mannschaft und dem in Berlin sitzenden Bahninfrastrukturvorstand Ronald Pofalla gespannt sei. Dies deutete sich schon vor Bekanntwerden der neuerlichen Kostenexplosion und den Terminschwierigkeiten bei Stuttgart 21. Als unsere Zeitung Anfang November exklusiv über Gedankenspiele für eine neue Lösung im Flughafenabschnitt des Milliardenprojekts berichtete, kommentierte dies ein Bahn-Sprecher in Berlin schmallippig: „Die Überlegungen der PSU sind nicht vom Vorstand autorisiert.“