Die Bahn will „eine vernünftige Lösung“ zur Finanzierung der Mehrkosten von Stuttgart 21, sprich: Sie will, dass die Projektpartner mehr zahlen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts könnte ihr helfen.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Zwei Tage nach dem angekündigten Abschied ihres Infrastrukturvorstands Volker Kefer fühlt die Bahn sich bestärkt in ihrem Ansinnen, mit den Projektpartnern von Stuttgart 21 über eine Aufteilung der Mehrkosten zu sprechen. Grund für ihren Optimismus ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig (BVG), das am Dienstag ein Bürgerbegehren gegen Stuttgart 21 für unzulässig erklärt hat. Mit diesem wollten die S-21-Gegner feststellen lassen, dass der Finanzierungsvertrag für das Projekt Artikel 104a des Grundgesetzes verletze, wonach Kommunen und Länder keine Aufgaben des Bundes mitfinanzieren dürfen. Eine solche sei aber der Ausbau des Schienennetzes.

 

Nachdem das BVG geurteilt hat, dass der Bau von Schienenwegen und Bahnhöfen seit der Privatisierung der Bahn im Jahr 2004 „nicht mehr Verwaltungsaufgabe des Bundes“ sei, leitet der Geschäftsführer der Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm (PSU), Peter Sturm, daraus ab, dass „nun die Möglichkeit besteht, eine vernünftige Lösung zur Finanzierung der Mehrkosten bei Stuttgart 21 zu finden“.

Befürchtung der S-21-Gegner könnte wahr werden

Exakt das hatten die Kläger befürchtet. „Die Folge dieses Urteils wird sein, dass die Bahn die Länder und Gemeinden zur Beteiligung an den Kosten ihrer Infrastruktur heranziehen wird“, sagten die Vertrauensleute Sigrid Klausmann-Sittler und Bernhard Ludwig. Es werde zu einem Wettbewerb um Investitionen der Bahn kommen: „Wer am meisten Geld gibt, erhält Projekte.“ Und für Stuttgart 21 bedeute dies, „dass es für die Bahn keine Grenze nach dem Grundgesetz gibt, eine Beteiligung an den Kostensteigerungen des Projekts einzufordern“.

Im Finanzierungsvertrag von 2009 ist in der Tat festgeschrieben, dass die Projektpartner über die Verteilung von Kosten, die den damals gültigen Rahmen von 4,526 Millionen Euro überschreiten, sprechen müssen. Momentan liegt der Kostenrahmen zwei Milliarden höher. Die Projektpartner Land, Stadt und Verband Region Stuttgart lehnen eine Beteiligung an diesen Mehrkosten aber strikt ab.