Die Bahn sucht Einsparpotenziale beim Bahnprojekt Stuttgart 21 – und erwägt die Kürzung des Nesenbachdükers.

Stuttgart - Die Deutsche Bahn setzt alles daran, dass Stuttgart 21 nicht teurer wird als veranschlagt; der Finanzierungsvertrag sieht eine Obergrenze von 4,52 Milliarden Euro vor. Auf der Suche nach weiteren geeigneten Einsparpotenzialen hat sie nun vorgeschlagen, nicht nur den hinteren Teil der ehemaligen Bahndirektion an der Heilbronner Straße 7 abzureißen, sondern das Gebäude komplett zu schleifen. Dafür müsste der Denkmalschutz aufgehoben werden. Diese am Freitag von DB-Projektverantwortlichen in einem Arbeitskreis von Vertretern der Stuttgart-21-Partner präsentierte Idee ist jedoch nicht neu – wie auch die ablehnende Haltung von Land, Region und Stadt Stuttgart. Der Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD), so heißt es aus Teilnehmerkreisen, soll deutliche Worte zu diesem Vorschlag gefunden haben.

 

Die Debatte war bereits einmal geführt worden, und zwar vor zehn Jahren. Nach Ansicht der Bahn hätten die Tunnelröhren vom Tiefbahnhof nach Feuerbach und Bad Cannstatt, die sich an dieser Stelle verzweigen und fast den gesamten Grundriss des Gebäudes einnehmen, in offener Bauweise anstatt bergmännisch erstellt werden können.

Technisch wäre eine Unterfahrung zwar machbar, aber ausgesprochen aufwendig. Und auch dann sei nicht gewiss, ob das Haus die sechsjährige Bauzeit „schadlos übersteht“, sagte damals ein Bahnplaner. Schon seinerzeit ging der Konzern von einem hohen Kostenrisiko aus. Vom Komplettabriss versprach sich die DB Einsparungen von 30 Millionen Euro. Doch Denkmalschutz, Stadtverwaltung, Gemeinderat, Architektenschaft und der Eigentümer, die zu 95 Prozent zum Eisenbahnvermögen gehörende Frankfurter Vivico GmbH, heute CA Immo, waren dagegen. Der Anwalt des Eigentümers rechnete damals vor, die angegebenen Einsparungen betrügen nur etwa ein Prozent der Bausumme von Stuttgart 21 – die Zumutbarkeitsgrenze, die einen Abriss rechtfertigen würde, sei aus seiner Sicht deshalb nicht überschritten.

Die Bahn änderte 2004 den Antrag auf Komplettabbruch in einen Teilabriss, der die hinteren Gebäude umfasst. Der Umfang ist im Planfeststellungsbeschluss für den Tiefbahnhof fixiert. Darin heißt es, der Teilerhalt sei technisch möglich, wenn auch mit finanziellem Aufwand, so dass es der Bahn zuzumuten sei, das Stadtbild prägende Hauptgebäude zu erhalten „und damit die Beseitigung denkmalgeschützter Bauten auf das zur Erreichung der Ziele des Vorhabens unumgängliche Maß zu beschränken“.

Nesenbachdüker soll verkürzt werden

Bekanntlich hat die Bahn 2010 den Nordflügel des benachbarten denkmalgeschützten Bonatzbaus beseitigt und ist derzeit dabei, auch den Südflügel abzureißen. Sollte die Bahn trotz der ablehnenden Haltung der Partner an dem Vorschlag festhalten, werde dies bei der nächsten Lenkungskreissitzung Ende Februar/Anfang März thematisiert, heißt es aus Teilnehmerkreisen.

Geplant ist, 11 000 der insgesamt 43 000 Quadratmeter Fläche zu erhalten. Der hintere, 32 000 Quadratmeter umfassende Teil der Bahndirektion, soll fallen. Vorgesehen ist, dass der Eigentümer als Ersatz einen Neubau errichten darf, der etwa die gleiche Nutzfläche hat. Das neue Gebäude würde in den Altbau integriert. Der Komplettabriss würde eine weitere Änderung der Planfeststellung nötig machen, hieß es am Freitag.

Das gelte auch für die zweite, von der Bahn präsentierte Einsparmaßnahme, die Verkürzung des Nesenbachdükers. Über diese Maßnahme sind derzeit allerdings weder der Leiter des Eigenbetriebs Stuttgarter Stadtentwässerung, Wolfgang Schanz, noch der Leiter der Abteilung Klärwerke und Klärbetrieb, Hartmut Klein, informiert. Grundsätzlich seien Planänderungen nicht ungewöhnlich, etwa weil Firmen konkrete Verbesserungs- und Einsparmöglichkeiten aufzeigten, so Schanz. Technisch sei gegen eine Verkürzung nichts einzuwenden. Es werde aber ein neues wasserrechtliches Verfahren nötig.

Die Tieferlegung des Nesenbach-Abwasserkanals im Bereich zwischen dem Königin-Katharina-Stift an der Schillerstraße und dem Planetarium auf einer Länge von 260 Metern um etwa 20 Meter ist überaus wichtig: Ohne sie kann nicht mit dem Bau des Trogs für die neue Bahnhofshalle begonnen werden. Die neuen Tunnel machen es nötig, dass der in Teilen fast 100 Jahre alte, einem Gewölbekeller gleichende Abwasserkanal mit 15 bis 20 Quadratmetern Durchmesser fast im rechten Winkel nach unten geführt wird, dann unter den Bahntunnels verläuft, um dann in Richtung Neckar wieder sanft nach oben zu streben.

Das S-21-Kommunikationsbüro hat bisher keine Stellungnahme abgegeben.