2014 haben die Projektgegner 20 000 Unterschriften für eine Abstimmung der Bürger über die Beteiligung an den Mehrkosten vorgelegt. Der Gemeinderat lehnte die Abstimmung aber ab. War das richtig?

Stuttgart - Sechs Jahre nach der Ablehnung durch den Gemeinderat befasst sich das Verwaltungsgericht Stuttgart (VG) am 1. Juli um 9.30 Uhr erneut mit dem Bürgerbegehren „Storno 21“. Initiiert hatte es das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 schon 2014 mit der Sammlung von 20 000 Unterschriften. Die Gegner argumentierten, dass die Stadt wegen einer „grundlegend neuen Sachlage“ – der Kostenexplosion von 4,5 auf 6,8 (und nun 8,2) Milliarden Euro – aus dem S-21-Finanzierungsvertrag aussteigen könne.

 

Der Gemeinderat lehnte das Begehren im Juli 2015 ab. Der von der Stadt beauftragte Rechtsgutachter Christian Kirchberg hatte es als rechtswidrig eingestuft. Nur die Fraktion SÖS/Linke-plus, die AfD und zwei Stadträtinnen der Grünen hatten damals dafür gestimmt, das Begehren anzunehmen, 40 Stadträte und der damalige OB Fritz Kuhn (Grüne) stimmten dagegen. In der Folge scheiterten die S-21-Gegner im September 2015 mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht.

Auch die Bahn klagt wegen der Kosten

Inzwischen hat die Bahn alle Projektpartner auf die unbegrenzte Mitzahlung der Mehrkosten verklagt. Auch dieses Thema wird vor dem VG, aber von einer anderen Kammer, verhandelt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit aber nicht mehr in diesem Jahr.

Die Kläger für den Bürgerentscheid stützen sich laut Bündnissprecher Eisenhart von Loeper nun auch auf eine alte Entscheidung, die der Gemeinderat bereits 2009 gefasst hatte, dass nämlich die Bürgerschaft bei Mehrkosten über die weitere Mitfinanzierung direkt entscheiden solle – was aber nie umgesetzt wurde.

Mit dem Entscheid könnten die Stuttgarter zwar erklären, dass sie keine weiteren Kosten tragen wollen. Tatsächlich werde das aber erst in dem von der Bahn angestrengten Verfahren geklärt. Darauf weist auch von Loeper hin.

Brandschutz in der Kritik

Die Gegner des Infrastrukturprojekts kämpfen noch an einer weiteren juristischen Front. Vor dem Verwaltungsgerichtshof des Landes (VGH) wollen sie erreichen, dass der Brandschutz in den S-21-Tunneln nachgebessert wird. Die Klage eines Stuttgarters hatte der VGH mit dem Hinweis auf mangelnde Klagebefugnis im September 2020 abgewiesen. Die Gegner sehen darin eine Fehlentscheidung, verweisen auf den Grundrechtsschutz und nehmen damit erneut Anlauf.

„Bisher gibt es Simulationen zur Selbstrettung von Reisenden nur als sogenanntes Kaltereignis, also ohne Feuer und Rauch zu simulieren“, so der pensionierte Richter Dieter Reicherter. Das entspreche zwar den Vorgaben, sei aber aus Sicherheitsaspekten widersinnig. Fraglich sei, ob für S 21 am Ende eine Betriebsgenehmigung erteilt oder der Brandschutz wie beim Berliner Flughafen eben doch verbessert werden müsse.