Eichenholz oder Eisenbeton? – Der Streit über das Material der Gründungspfähle schwelt seit Jahren. Der Enkel des Bahnhofsarchitekten Paul Bonatz fordert von der Bahn nun einen definitiven Nachweis, um den Bahnhofsturm zu schützen.

Stuttgart - Steht der Turm des Stuttgarter Hauptbahnhofs auf Eichenholz- oder auf Eisenbetonpfählen? Diese Frage treibt den Enkel des Bahnhofsarchitekten Paul Bonatz nach wie vor um. In einem Brief an die Fraktionen im Gemeinderat warnt Peter Dübbers vor der „Gefährdung des verbliebenen Bahnhofstorsos – insbesondere des Bahnhofsturms“ durch die im Rahmen der Baumaßnahmen für den Tiefbahnhof vorgesehene Grundwasserabsenkung. Der Hintergrund: Eichenholzpfähle, die dabei mit Sauerstoff in Kontakt kommen, könnten faulen und die Stabilität des Bauwerks gefährden. Dübbers fordert die Stadträte auf, unabhängig von ihrer grundsätzlichen Haltung zu S 21 bei der Bahn den Nachweis der „absoluten Standsicherheit“ anzumahnen.

 

Der Streit über das Material der Gründungspfähle schwelt seit Jahren. Die Bahn selbst hatte zur Verwirrung beigetragen. Noch im September 2010 fand sich auf der Homepage des S-21-Kommunikationsbüros der Hinweis, dass der 1916 fertig gestellte, 56 Meter hohe Bahnhofsturm von 290 Eichenholzpfählen gestützt werde. Nach der Aktualisierung der Homepage war davon nichts mehr zu lesen. Schon im Januar desselben Jahres hatte der ehemalige S-21-Chefplaner Hany Azer in einem StZ-Interview die Existenz der Eichenholzpfähle indirekt bestätigt. Eine Risiko für den Turm bestehe wegen der Grundwasserabsenkung nicht, so Azer: „Der Reichstag in Berlin steht übrigens auch auf Holzpfählen.“ Dübbers selbst kann nur auf entsprechende Aussagen seines Großvaters verweisen – Dokumente liegen ihm nicht vor.

Ingenhoven hat Existenz von Holzpfählen bestritten

Der Bahnhofsarchitekt Christoph Ingenhoven sowie der Tragwerksplaner Werner Sobek hatten die Existenz von Holz als Baumaterial bei der Gründung des Turms stets bestritten. Sie verwiesen zum Beleg dafür auf Probebohrungen unter dem angrenzenden, mittlerweile abgerissenen Südflügel des Bonatz-Baus. Dabei sei man ausschließlich auf Betonpfähle gestoßen, erklärten die Bahnhofsplaner unisono.

Im Zuge der Schlichtungsgespräche Ende 2010 legte die Bahn dann erstmals eine Statikplanung aus dem Jahr 1914 vor – dem Jahr, in dem der Bau des Turms begann. Darin hieß es: „Die gesamte Turmlast von 10 300 Tonnen wird durch 189 Eisenbetonpfähle auf den Boden übertragen.“ Einen echten Beweis blieb der Bahn allerdings schuldig: Die Anregung der StZ, unter dem Turm eine Probebohrung vorzunehmen, das Ergebnis zu veröffentlichen und so alle Zweifel auszuräumen, verschwand in den Schubladen des Kommunikationsbüros. Peter Dübbers fordert nun erneut eine solche Sondierungsbohrung.