Die Vortriebsarbeiten für die Rettungszufahrt am Fildertunnel sind gestoppt – weil sich die Bahn mit der Landeswasserversorgung streitet. Jetzt greift der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn ein – als Vermittler.

Stuttgart - Nein, ein PR-Film sei das nicht, widerspricht Wolfgang Dietrich dem Moderator auf dem Forum der „Stuttgarter Nachrichten“ zu Stuttgart 21 am Donnerstagabend vergangener Woche: „Das ist ein Faktenfilm“. Es werde auf den S-21-Baustellen jetzt richtig gebuddelt und gebaut. „Endlich können die Baufirmen zeigen, was in ihnen steckt“, so der Projektsprecher.

 

Heute weiß man, dass dies nicht für den Tunnelvortrieb der Rettungszufahrt am Wagenburgtunnel galt. Dort ruhten zu diesem Zeitpunkt schon seit Tagen die Arbeiten, weil die Unterfahrungsrechte mit dem Grundstücksbesitzer Landeswasserversorgung bis heute nicht geklärt sind. Auch als später an diesem Abend Manfred Leger, der seit September amtierende Chef der Projekt-GmbH, einen Überblick über die Stuttgarter S-21-Baustellen gibt, ist keine Rede von der Malaise.

Die ruhenden Arbeiten werden nicht erwähnt

Am Tag darauf sitzen Bahn-Infrastrukturvorstand Volker Kefer, Landesverkehrsminister Winfried Hermann, Oberbürgermeister Fritz Kuhn und Regionalpräsident Thomas Bopp im Lenkungskreis zusammen. Am Freitag vergangener Woche informiert die Bahn hinter verschlossenen Türen die Projektpartner von Land, Stadt und Region über den, so das Protokoll, „aktuellen Sachstand Bau und Planung“. Zum Stopp der Vortriebsarbeiten fällt nach übereinstimmenden Teilnehmerangaben auch in diesem Gremium kein Wort. In der gemeinsamen Pressekonferenz am frühen Freitagnachmittag schwärmt Kefer hingegen von den 14 Baustellen in Stuttgart und den zwölf an der Neubaustrecke. Und davon, dass man Bau und Planung bis zur von der Bahn anvisierten, aber beispielsweise von Hermann als unwahrscheinlich eingeschätzten Fertigstellung im Dezember 2021 in mehr als 100 000 „verfahrens- und maßnahmenbezogene Einzelschritte“ aufgesplittet habe – ein „wertvolles Werkzeug“, so lobt Kefer, um „Gefährdungen des Terminplans“ frühzeitig zu erkennen und „maximale Transparenz“ herzustellen.

Maximale Transparenz – hinter vorgehaltener Hand stellen sich darunter die Projektpartner, aber auch andere Beteiligte etwas anderes vor. Maximal ist deshalb allenfalls die Verwunderung darüber, dass die S-21-Führungsebene die schlechte Nachricht von den aktuellen Schwierigkeiten entweder nicht kannte oder sie nicht weitergab. Dem Vernehmen nach erfuhren Leger und Dietrich erst nach einigen Tagen von dem Stopp der Vortriebsarbeiten, ob und wann sie und Kefer informiert waren, bleibt in einer schriftlichen Stellungnahme des S-21-Kommunikationsbüros offen.

OB Fritz Kuhn vermittelt in dem Streit

Darin heißt es: Da „außer dem Tunnelvortrieb alle anderen Bauarbeiten auf der Baustelle weiter laufen, kann von einem Baustopp nicht die Rede sein. Insofern war eine Information über einen etwaigen Baustellenstopp nicht notwendig“. Es seien aber „alle über den Stand dieses Verfahrens informiert“ gewesen. Vor dem Hintergrund der laufenden Gespräche mit der Landeswasserversorgung habe man sich entschieden, das Ergebnis dieser Gespräche abzuwarten und „erst dann zu informieren“.

Folgt man dieser Logik, dann hätte die Bahn bis heute nichts zu dem Stopp der Vortriebsarbeiten und der Grundstücksproblematik gesagt. Denn auch wenn die Landeswasserversorgung am Dienstag erklärte, dass sie das aktuelle Angebot der Bahn, das unter dem Vorbehalt einer Festsetzung durch das Regierungspräsidium die Zahlung von 48 800 Euro beinhaltete, ablehnen werde, finden offenbar weiterhin Gespräche über die Höhe der Entschädigung statt.

In diese Gespräche schaltete sich am Mittwoch auch der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn ein. Er ist nicht nur OB, sondern zugleich Vorsitzender des Verwaltungsrats der Landeswasserversorgung. Eine konkrete Lösung ist noch nicht gefunden, die Chancen aber, dass sich Bahn und Verband verständigen, werden als wahrscheinlich angesehen. So wäre es möglich, noch vor der Entscheidung des Regierungspräsidiums, die spätestens bis Mitte Dezember erfolgt, doch noch eine Einigung zu erzielen.