Angesichts der Personaldiskussionen bei der Bahn AG rückte zuletzt in den Hintergrund, dass sich der Aufsichtsrat am Mittwoch auch mit dem Projekt Stuttgart 21 befasst. Die S-21-Kritiker fordern erneut den Umstieg – und stützen sich auch auf eine Einschätzung eines renommierten Eisenbahnwissenschaftlers.

Stuttgart - Wenn am Mittwoch die Aufsichtsräte der Deutschen Bahn AG zusammenkommen, dann steht vor dem Hintergrund der umstrittenen personellen Neuordnung auf der Führungsebene auch ein Bericht zur Lage beim Großprojekt Stuttgart 21 auf dem Programm – und erneut müssen sich die Gremienvertreter mit der Kritik der S-21-Gegner beschäftigen.

 

In Schriftsätzen an die Aufsichtsratsmitglieder fordert Eisenhart von Loeper vom Aktionsbündnis gegen S 21 den Weiterbau zu stoppen und ernsthaft das Alternativkonzept Umstieg zu prüfen. Wegen des Tatverdachts der Untreue hatte von Loeper bereits Mitte Februar gegen die zurückgetretenen Vorstandsmitglieder Rüdiger Grube und Volker Kefer sowie gegen den umstrittenen Aufsichtsratschef Utz-Hellmuth Felcht Strafanzeige wegen des Verdachts der Untreue bei der Staatsanwaltschaft Berlin erstattet. Hintergrund: Die Kosten könnten laut Bundesrechnungshof auf bis zu zehn Milliarden Euro steigen. Dem widerspricht die Bahn vehement, der vom Aufsichtsrat gebilligte Rahmen bis zu 6,5 Milliarden Euro werde eingehalten.

Neben Finanzrisiken auch Funktionsmängel

Allerdings listet von Loeper neben den Finanzrisiken auch drei Funktionsmängel auf, die den Tatbestand der Untreue erfüllen könnten. Dazu gehört neben der aus Sicht der Kritiker überhöhten Bahnsteigneigung und der Gefährdung durch Anhydrit (was beides von der Bahn zurückgewiesen wird) auch die umstrittene Kapazität des Tiefbahnhofs. Während die Bahn sagt, es gebe keine Verringerung gegenüber dem heutigen Kopfbahnhof, was durch den Stresstest nachgewiesen worden sei, sprechen die S-21-Gegner von einem Kapazitätsabbau von bis zu 30 Prozent. Sie sehen sich nun darin bestätigt durch eine im Januar veröffentlichte Arbeit von Professor Ingo Hansen von der holländischen TU Delft, der als einer der international führenden Fachleute für die Kapazität der Eisenbahninfrastruktur gilt.

Stresstest „nicht realistisch“

Hansen hält sich mit direkter Kritik zurück, stellt aber doch fest, dass „die von den Stresstestsimulationen berichtete Leistungsfähigkeit viel zu optimistisch ist verglichen mit den praktischen Erfahrungen.“ Er stellt auch in Frage, ob Haltezeiten und Verspätungen realistisch angenommen wurden. Da müsse nachgearbeitet werden.