Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 wittert Mauscheleien der Projektpartner, weil es im Verfahren um Mehrkosten nicht voran gehe. Der Tunneldurchstich an diesem Dienstag basiere „auf schwerem Rechtsbruch strafbarer Untreue“.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Im Vorfeld des an diesem Dienstag anstehenden, symbolischen Tunneldurchschlags am Kriegsberg erheben Stuttgart-21-Kritiker schwere Vorwürfe in Richtung Stadt, Land und Bahn. Das Aktionsbündnis gegen S 21 spricht von „Prozessverschleppung“. Die Kritiker des milliardenschweren Umbaus des Bahnknotens mahnen eine rasche gerichtliche Klärung des Streits die Mehrkosten an. Laut Finanzierungsvereinbarung von 2009 sollte das Vorhaben 4,5 Milliarden Euro kosten, die Bahn hat im Januar 2018 ihre Kostenprognose auf 8,2 Milliarden Euro angehoben. Weil in Gesprächen keine Einigung über die Verteilung der Mehrkosten gefunden wurde, klagte die Bahn Ende 2016 gegen die übrigen Projektpartner vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart.

 

Briefe an Minister und an Oberbürgermeister

„In der Sache sind die Argumente längst ausgetragen“, heißt es in einer Mitteilung der Projektgegner. Eisenhart von Loeper, Anwalt und Sprecher des Aktionsbündnisses, sagt: „Bei diesem Stand der Dinge hätte jedes Gericht längst einen Verhandlungs- beziehungsweise Entscheidungstermin anberaumt.“ Das Stagnieren des Verfahrens sei nur denkbar, wenn es hierzu eine Übereinkunft, sprich Mauschelei, der Prozessbeteiligten gebe. Diesen Vorwurf erhebt er fast gleichlautend auch in Schreiben an Landesverkehrsminister Winfried Hermann und Oberbürgermeister Fritz Kuhn (beide Grüne). „Wir empfinden dies als unerträglich, weil hier erneut die gebotene rechtsstaatliche Klärung des Konflikts durch Geschäfts- und Machtinteressen der Projektbetreiber auf Kosten der Bürgerschaft ersetzt wird.“

Im Rathaus verweist man auf das laufende Verfahren. Dem Gericht lägen „seit Anfang Februar die Klageerwiderungen von Stadt, Land, Verband Region Stuttgart und der Flughafen Stuttgart GmbH vor. Das Verwaltungsgericht hat Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu bis 31. August 2018 gegeben“, teilte eine Rathaussprecherin auf Anfrage schriftlich mit. Eine Sprecherin des Verwaltungsgerichts bestätigt diesen Verfahrensstand. Demnach ist nun wieder die klagende Bahn am Zug.

Demozug zur Baustelle angekündigt

Ihrem Unmut über die aus ihrer Sicht schleppende gerichtliche Aufarbeitung des Streits um die Mehrkosten und das Festhalten an dem Projekt wollen die Kritiker bei einer Demonstration an diesem Dienstag artikulieren. Anlass ist der symbolische Durchschlag der zweiten Röhre des aus Feuerbach in die City führenden Tunnels. Unter dem Motto „Wir sind geladen“ zieht die Gruppe von der Mahnwache am Arnulf-Klett-Platz vor die Baugrube an der Jägerstraße. Dort solle das „Defilee der S-21-Verantwortlichen gebührend empfangen werden“, kündigt das Aktionsbündnis an. Bei der Stadtverwaltung ist eine Demonstration angemeldet, zu der rund 80 Teilnehmer erwartet werden. Nur wenn diese Zahl deutlich übertroffen werde, müssten Straße teilweise gesperrt werden, sagt die Rathaussprecherin. An der Durchschlagfeier wird auch der DB-Vorstandsvorsitzende Richard Lutz teilnehmen. „Der Tunnelröhren-Durchbruch basiert auf schwerem Rechtsbruch strafbarer Untreue. Das kann und muss noch strafrechtliche Folgen haben“, sagt von Loeper.