Die Anhörung im Bundestag am Montag gebe es nur, weil das Projekt „in einer existenziellen Krise“ sei, so die Projektkritiker, die dem S-21-Chef ein „merkwürdiges Demokratieverständnis attestieren.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Am Montagnachmittag befasst sich der Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages mit Stuttgart 21. Im Vorfeld der Sitzung haben sich Projektgegner in Berlin zuversichtlich gezeigt. „Es gibt diese Sitzung nur, weil sich das Projekt in einer existenziellen Krise befindet“, sagt Hannes Rockenbauch. Der Stadtrat von SÖS-Linke stellt als Sachverständiger in dem Gremium das Konzept „Umstieg 21“ vor. Dies geht von einem Erhalt des Kopfbahnhofs aus und das Nutzen einiger Bauwerke, die schon für Stuttgart 21 im werden sind, so etwa die Neckarbrücke in Bad Cannstatt.

 

Rockenbauch lässt sich seinen Optimismus auch nicht von den bestehenden Mehrheitsverhältnissen nehmen. Er setzte auf eine „lernende Demokratie“. Kein bisheriger S-21-Befürworter müsse einen Gesichtsverlust befürchten, wenn er auf „Umstieg 21“ umschwenke. „Das hat einfach die besseren Lösungen“, so Rockenbauch. Der Stadtrat zitierte aus einer Stellungnahme von S-21-Chef Manfred Leger, der keine demokratische Legitimation für Umstieg 21 sehe. „Das offenbart ein seltsames Demokratieverständnis und ist ein starkes Stück“.

Im Video: Die zehn wichtigsten Fakten zu Stuttgart 21.

Richter a.D. sieht Ermittler in der Pflicht

Eisenhart von Loeper, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, sieht die Kritiker im Aufwind. „Wir haben schon deutlich schlechtere Zeiten erlebt.“Parallel zur inhaltlichen Diskussion wie etwa nun im Verkehrsausschuss setzt der Anwalt weiter auf einen juristischen Kampf gegen Stuttgart 21. Mehrfach hatte er bereits Strafanzeige gegen Mitglieder des Bahn-Vorstands und –Aufsichtsrats gestellt. Der Vorwurf: Die Konzernlenker hätten sich durch das Festhalten an dem von der Bahn mittlerweile auf 8,2 Milliarden Euro taxierten Vorhaben der Untreue schuldig gemacht. Eine Ansicht, die Wolfgang Neskovic, Richter a.D. am Bundesgerichtshof, teilt. Die Staatsanwaltschaft in Berlin müsse Ermittlungen aufnehmen, alles andere würde ihn „überraschen und enttäuschen“. Die beiden Juristen stützen sich auf ein Gutachten des Mannheimer Wirtschaftsrechtsexperten Jens Bülte, das der Generalstaatsanwaltschaft Berlin seit Ende April vorliege. Neskovic sieht nicht nur die Ermittler in der Pflicht, sondern auch die Politik. Der Justizsenator müsse seine Aufsicht über die Behörde ausüben. Das sei so vorgesehen. „Eine unabhängige Justiz ist eine Fata Morgana. Nur Richter sind unabhängig.“

Hannes Rockenbauch sieht die besseren Argumente auf seiner Seite. Es brauche nun politischen Mut, darüber zu reden. „Ein politisches Projekt kann auch von der Politik beendet werden“.