Ein Gutachten der Uni Stuttgart sieht erweiterte Stadtbahn-Linien während des Baus der neuen S-Bahn-Station als bessere Lösung im Vergleich zu dem vom Land präferierten Übergangshalt auf freier Strecke beim Flughafen.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Die Bahn hat am Mittwoch ihre überarbeiteten Pläne für die Anbindung der Gäubahn aus Richtung Schweiz, Bodensee und Schwarzwald an den Landesflughafen vorgestellt. Wie unsere Zeitung am Dienstag berichtete, müsste dafür der S-Bahn-Verkehr zum Flughafen, zur Landesmesse und nach Filderstadt für rund ein Jahr eingestellt werden. Der ursprünglich vorgesehene Bauablauf hätte in einem Zeitraum von dreieinhalb Jahren „zwischen 365 und 500 Tagen Sperrungen bedeutet“, erklärt Matthias Breidenstein, der bei Stuttgart 21 die beiden Teilabschnitte am Flughafen verantwortet. Der Ingenieur ist überzeugt, durch die nun vorgelegten Planungen, die über weite Strecken einem Tunnelneubau gleichkommen, ein Jahr Bauzeit im Vergleich zur bisher vorgesehenen Herangehenweise zu sparen.

 

Was heißt das für die Fertigstellung?

Das rettet den Terminplan aber nicht mehr. Auch wenn Breidenstein mit Prognosen extrem zurückhaltend ist, zeichnet sich jetzt schon ab, dass das dritte Gleis an der S-Bahn-Station Flughafen, das Kapazitäten für den Fern- und Regionalverkehr auf der Gäubahn frei machen soll, nicht mit dem Rest von Stuttgart 21 in Betrieb gehen wird – sofern die Eröffnung des Bahnknotens wie prognostiziert 2025 stattfindet.

Was sind die nächsten Schritte?

Für die schwierige Baustelle, die sich über die gesamte Länge der Terminalbauten erstreckt, kalkuliert Breidenstein mit sechseinhalb Jahren – gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem die Aufträge erteilt werden. Davon ist die Bahn aber noch ein gutes Stück entfernt. Die neuen Pläne sollen von Ende Januar bis Ende Februar zur Einsichtnahme ausgelegt werden. Vor den Sommerferien 2019 ist die öffentliche Erörterung vorgesehen. Wann dann die Pläne genehmigt und die Arbeiten ausgeschrieben werden können, wagt Breidenstein nicht zu prognostizieren. „Man hat ja im Abschnitt 1.3a gesehen, welche zeitlichen Dehnfugen so ein Planrechtsverfahren beinhalten kann“, sagt er in Anspielung an das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim, das das Bauen an der Schnellfahrstrecke auf Höhe des Flughafens und am Halt unter der Messepiazza bis auf Weiteres unmöglich macht.

Wie kommt man zum Flughafen?

Bei der Frage, wie Passagiere während der Sperrung der S-Bahn-Strecke ihr Ziel erreichen, verfolgt die Projektgesellschaft eine Doppelstrategie. Zum einen sei der Bau eines vorübergehenden Bahnsteigs an der Strecke zwischen Echterdingen und dem Flughafen denkbar. Dafür müsste ein Gleis überbaut werden. Von dort kämen Fahrgäste über Treppen oder eine rund 100 Meter lange Rampe auf das acht Meter höher gelegene Straßenniveau – und hätten weitere 800 Meter Wegstrecke bis Terminal 1 vor sich. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) macht sich vehement für diese Variante stark. Fachleute hingegen sehen in dem Interim, das einen mittlereren einstelligen Millionenbetrag kosten würde und dessen Finanzierung ungeklärt ist, nur die zweitbeste Lösung. Das Verkehrswissenschaftliche Institut der Uni Stuttgart (VWI) weist in einem Gutachten eine Lösung über den in Bau befindlichen Stadtbahnanschluss des Flughafens als vorzugswürdig aus.

Welche Rolle spielt die Stadtbahn?

Über die im Gutachten zu untersuchenden Parameter hatten sich die S-21-Projektpartner von Bahn, Land, Stadt und Region verständigt. 2021 sollen die Stadtbahnzüge vor die Terminals rollen, die Linie U 6 schafft eine umsteigefreie Verbindung aus der Innenstadt, die nur wenige Minuten länger unterwegs ist als heute die S-Bahn. Zusätzlich dazu könnte eine neue Linie U 17 die westlichen Filder an den Flughafen anschließen. Damit in diese Linie Regional- und Fernreisende der Bahn in Vaihingen umsteigen können, muss der von Hermann vorangetriebene dortige Regionalbahnhalt auch tatsächlich Realität werden. Zudem müsste bei Möhringen eine kurze Verbindung zwischen bestehenden Stadtbahngleisen geschaffen werden. Es ginge aber auch ohne diese neue Kurve, indem bestehende Gleise, die quer übers Gelände des SSB-Hauptquartiers führen, auch im Linienbetrieb genutzt werden.