Heute füllen sie in Stuttgart zweimal hintereinander den Wasen – 1995 war die Röhre das Revier von Rammstein. Erinnerungen an die Anfänge eines Phänomens – an eine Zeit, als Till Lindemann im Tunnelclub das Feuer nicht ganz im Griff hatte.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

27 Jahre sind vergangen seit ihrem ersten Stuttgart-Konzert in einer kleinen, engen Röhre. Doch zwei Songs sind bis heute geblieben, da die Band auf dem Cannstatter Wasen an zwei Tagen 100.000 Fans lockt. Beim Googlen kommt man rasch auf eine Seite, auf der es heißt: „Get the Rammstein Setlist of the concert at Die Röhre, Stuttgart, Germany on December 7, 1995“. Song Nummer acht lautete damals: „Heirate mich“. Und danach spielte die Band als Nummer neun: „Du riechst so gut.“

 

Und was steht heute auf der Acht der Setlist, mit der Rammstein gerade unterwegs sind? „Heirate mich“. Darin heißt es: „Mit meinen Händen grab ich tief / zu finden, was ich so vermisst / und als der Mond im schönsten Kleid / hab deinen kalten Mund geküsst.“ Auch „Du riechst so gut“ ist 27 Jahre später mit dabei – als 17. Stück einer fast zweieinhalbstündigen Show.

Das erste Album „Herzeleid“ ist 1995 erschienen

Am 7. Dezember 1995 ist Rammstein im inzwischen für Stuttgart 21 für immer geschlossenen Club Röhre vor vielleicht 400 Menschen aufgetreten, kurz davor war ihr erstes Album „Herzeleid“ erschienen. Es war die erste Tour der 1994 gegründeten Band als Headliner. Auf der Setlist, so ist überliefert, standen Songs wie „Du riechst so gut“ und „Heirate mich“. Bei „Wollt ihr das Bett in Flammen sehen?“ donnerte der hart gesungene Ruf von Till Lindemann zu einpeitschenden Rhythmen durch die Röhre: „Sex ist eine Schlacht, Liebe ist Krieg!“

Im Internetportal unseres Geschichtsprojekts Stuttgart-Album erinnert sich Tom Bretthorst an Rammstein in der Röhre: „Ich war dabei. Kleine Feuershow. Die Ärmel vom Sänger brannten, das war’s. Beim nächsten Gig im LKA gab’s dann schon den Flammenwerfer, was einige Strumpfhosenrocker vor mir in Panik versetzte. Die hatten Angst um ihre hochtoupierten Haare.“ Tolle Konzerterfahrungen seien das gewesen, ist des Weiteren zu lesen, die so nie wieder kämen: „Die Generation vor uns hatte Depeche Mode 1982 im Oz und wir halt Rammstein in der Röhre.“

Im Club des Wagenburgtunnels brodelte Subkultur

Bis 2012 brodelte Subkultur im Club des Wagenburgtunnels. Am 26. September 1985 ist die Röhre, die zuvor als Bunker und Fluchtweg neben dem Autotunnel diente, feierlich von Manfred Rommel im Beisein der Stadtprominenz seiner nächsten Bestimmung übergeben worden. „Ein Tunnel“, referierte der damalige OB, „ist nichts anderes als ein Loch, ein nützliches Loch.“

Von Jan Delay bis zu Fantas, von den Ärzten bis zu den Sportfreunden Stiller – so viele traten im Stuttgarter Musiktunnel auf, bevor sie den Sprung in große Hallen und Stadien schafften. Vom Riesendurchbruch von Rammstein ahnte man anno 1995 natürlich nix.

Woher der Name Rammstein kommt

Damals ist diskutiert worden, ob der Bandname Rammstein, zunächst mit dem Zusatz Flugschau, nicht würdelos sei. Der Name bezog sich auf die Tragöde, die sich 1988 bei einem Flugzeugzusammenstoß auf der Ramstein Air Base ereignet hatte und bei der 70 Menschen starben. Paul Landers, der Rhythmusgitarrist der Band, sagte dazu später: „Doof, wie wir waren, schrieben wir Rammstein mit zwei M, weil wir nicht wussten, dass der Ort Ramstein nur ein M hat. Wir haben uns erst einmal aus Quatsch so genannt, aber der Name blieb kleben wie ein Spitzname, den man nicht gut findet.“ Rammstein hat aber eine weitere Bedeutung: Steine, die bei Toreinfahrten als Poller oder Türstopper verwendet werden, heißen „Rammsteine“, da sie als Schutzvorrichtung dienen sollen.