Jetzt bewirbt sich auch das Auktionshaus Eppli um das Breitling-Gebäude. Viele erinnern sich, dass dieses Familienunternehmen in den 1990ern Furore gemacht hat mit dem Plan, das alte Bunkerhotel des Marktplatzes in ein Ladenzentrum umzuwandeln.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - In New York ist der unterirdische Apple Store an der Fifth Avenue eine Touristenattraktion, jedenfalls dann, wenn keine Pandemie herrscht. Um die Menschen in die Tiefe zu locken, hat der US-Computerkonzern einen eindrucksvollen, weithin sichtbaren Glastempel hingestellt, der den Eingang zum tiefgelegten Reich der Smartphones und Laptops bildet. Genau dies plante Mitte der 1990er Jahre bereits der Auktionator Franz Eppli für den Stuttgarter Marktplatz.

 

Damals hatte der Seniorchef des Auktionshauses aus der nahen Bärenstraße auf eigene Rechnung einen Architektenwettbewerb ausgeschrieben. Seine Idee: Das ehemalige Bunkerhotel unter dem Marktplatz könnte in eine Ladenpassage mit attraktiven Geschäften umgebaut werden. Die Architekten Neugebauer und Rösch siegten mit einem länglichen gläsernen Dreieck über dem Eingang.

Der gläserne Eingang sollte 14 Meter hoch werden

Damals protestierte das Bekleidungshaus Breitling heftig gegen diese Pläne. Die Modeunternehmer befürchteten, durch einen 31 Meter langen, 13 Meter breiten und 14 Meter hohen gläsernen Zugang „in die zweite Reihe zu geraten“. 1995 hatten OB Manfred Rommel, Baubürgermeister Hansmartin Bruckmann und der Gemeinderat „mit wohlwollendem Interesse“ Epplis Vorhaben aufgenommen. Doch Wolfgang Schuster und Matthias Hahn, die gut ein Jahr später die Nachfolge der beiden antraten, erklärten das Konzept „als baulich und technisch undurchführbar“.

Das Bekleidungshaus Breitling verabschiedet sich nun aus Stuttgart. Von dieser Seite sind also keine Proteste mehr gegen ein unterirdisches Ladenzentrum zu erwarten. Das Auktionshaus Eppli will nun selbst Mieter bei Breitling werden. Dafür sei man bereit, die Räume im Königsbau aufzugeben, damit die Stuttgart Marketing GmbH dort statt am Marktplatz einzieht und ein neues Tourismuszentrum aufbaut. „Für Stuttgart Marketing wäre es doch viel besser, direkt am Schlossplatz zu sein“, findet Juniorchef Ferdinand B. Eppli. Die Mehrheit des Gemeinderats aber favorisiert die Touristenlösung am Marktplatz.

Bunkerhotel ist 1985 für immer geschlossen worden

Weil die Neuordnung auf dem Marktplatz für heftige Debatten führt, ist das legendäre Bunkerhotel ins Blickfeld geraten. 1985 ist die Herberge für immer geschlossen worden, die 1945 in einem ehemaligen Bunker entstanden war. Bei der Nacht der Museen, in der sich der unterirdische Zugang öffnet, sind die Schlangen immer sehr lang. Die Faszination ist groß, wenn es um das Verborgene geht, das unter der Erde liegt.

30 Stufen führen in die Tiefe hinab, zu einem langen, engen Flur. Heute wellen sich hier Tapeten mit Blümchenmuster und erinnern daran, dass nach dem Krieg die Ansprüche nicht groß waren, aber man es trotzdem gemütlich haben wollte. Für Menschen mit Platzangst war diese Herberge, die nach dem Krieg im zerstörten Stuttgart das erste Hotel der Stadt war, der pure Stress. Auch wenn die Fenster fehlten, soll die Luft nicht schlecht gewesen sein. Die Lüftung, erzählt man sich, habe gut funktioniert.

Zu den Gästen des Bunkerhotels zählte Kabarettist Werner Finck

Die zu Hotelzimmern umgebauten Schutzräume bildeten das am längsten geführte Bunkerhotel Deutschlands. 100 Betten gab es hier. Zu den Gästen zählte der 1978 verstorbene Kabarettist Werner Finck, der 1948 die Kleinkunstbühne Mausefalle an der Tübinger Straße gegründet hatte. Er schrieb ins Gästebuch: „Tief runtergekommen und doch auf der Höhe: das Bunkerhotel in Stuttgart.“ Auch der Fußballspieler Karl Barufka, der Dirigent Otto Winkler und der Schauspieler Albrecht Schoenhals stiegen hier ab.

Die Notizen im Gästebuch sind Notizen der Zeitgeschichte. „Das erste Mal freiwillig im Bunkerhotel“, schrieb ein Gast, der die ursprüngliche Funktion des unterirdischen Bauwerks nicht vergessen hatte. In dem 1940 erbauten Tiefbunker fand die Bevölkerung Zuflucht beim Bombenalarm. Auf einer Grundfläche von fast 2000 Quadratmetern war Platz für 1080 Menschen - oft kamen aber fast dreimal so viel. Nach dem Krieg baute sich die Gastronomenfamilie Zeller mit diesem Hoteleine neue Existenz auf, nachdem ihre Gaststätte 1944 bei einem Bombenangriff zerstört worden war.

„My home is my Bunker“

Die Zellers machten sich viele Freunde. OB Arnulf Klett soll häufig gekommen sein, um sich im Frühstücksraum etwa mit Künstlern zu treffen. Zum Wohlfühlen, schrieb ein Fan ins Gästebuch, brauche man kein Schloss: „My home is my Bunker.“

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