Stuttgart hat Nachholbedarf, wenn es darum geht, eine schlaue Stadt zu werden. Wo überall, das wurde bei einem Expertemgespräch im Rathaus herausgearbeitet.

Stuttgart - Ist Stuttgart bereits eine Smart City, eine schlaue Stadt? Zwei Experten auf diesem Gebiet haben jetzt gezeigt, was die Stadt der Zukunft ausmacht und wie die Landeshauptstadt bislang abschneidet. Einzelstadtrat Ralph Schertlen von der Wählervereinigung Die Stadtisten hatte sie ins Rathaus eingeladen.

 

Unter einer schlauen Stadt verstehen Forscher ein Konzept, das moderne Technologien so miteinander vernetzt, dass die Lebensqualität der Bewohner steigt. Das Konzept verbindet Wirtschaftswachstum mit ökologischer und nachhaltiger Stadtentwicklung. Der Wandel hin zur schlauen Stadt jedenfalls sei dringend geboten, sagte Alanus von Radecki vom Vaihinger Campus des Fraunhofer Instituts. Denn schon im Jahr 2050 werden 70 Prozent aller Menschen weltweit in Städten leben.

„Städte machen nur zwei Prozent der Landmasse aus, doch sie sind für 75 Prozent der klimaschädlichen Emissionen verantwortlich und für 80 Prozent des globalen Energieverbrauchs.“ Das Fraunhofer Institut hat 30 große deutsche Schwarmstädte auf ihre Zukunftsfähigkeit getestet. Lebenswert, widerstandsfähig, umweltfreundlich und innovativ, diese Eigenschaften seien künftig gefragt, so von Radecki.

Immerhin: Die Bedeutung des Themas ist erkannt

Stuttgart habe da teils großen Nachholbedarf: die Stadt sei zu sehr abhängig von der Autoindustrie und damit schlecht für negative wirtschaftliche Entwicklungen gewappnet. Städte wie München oder Berlin böten beispielsweise für Für Start-Ups bessere Bedingungen, so von Radecki. Er verwies auch auf Karlsruhe. Die Badener könnten auf hohe Luftqualität, viele Grünflächen, ein gutes Radnetz und ein hervorragendes ÖPNV-System verweisen.

Trotz dieses Aufholbedarfs habe die Verwaltung in Stuttgart die Bedeutung des Themas erkannt – neue Mobilitätskonzepte wie der App-gesteuerte Shuttle-Service SSB Flex bewiesen es, sagte von Radecki. Erfolgreiche Wirtschaftsregionen wie Stuttgart täten sich erfahrungsgemäß oft schwerer, den Wandel anzustoßen, weil der Leidensdruck nicht hoch genug sei. Bosch-Manager Wolfgang Volz zeigte mögliche Vorteile der Vernetzung von Technologien auf: so könne man sich künftig eine lange Parkplatzsuche ersparen, weil Ultraschallsensoren Autos mitteilen, wo ein Parkplatz in der Nähe frei wird. Zur smarten Stadt gehörten außerdem autonom fahrende Autos und Roboter, die Mülltonnen abholen.

Eine große Rolle würden intelligente Energiekonzepte spielen, erklärte Volz. „Wenn künftig alle ihr Elektroauto zur gleichen Zeit aufladen, ist das Netz stark belastet. Es gibt aber intelligente Lösungen, bei denen die Autos miteinander kommunizieren, so dass immer nur eines am Netz hängt“, sagte Volz.

Doch die rasante Technologieentwicklung mit immer kürzeren Innovationszyklen hat auch ihre Tücken. Beim auf 50 bis 100 Jahre angelegten Bau von Häusern und Quartieren müsse man genau überlegen, was die Zukunft bringt. „Die Frage ist zum Beispiel, ob man vor dem Hintergrund von autonomem Fahren und Car-Sharing überhaupt noch Tiefgaragen bauen soll“, sagte Volz.