Tatort Trockenraum: Bewohner des Hauses 60 im Asemwald sind empört, denn irgendwer macht im Waschkeller lange Finger. Sogar ein Büstenhalter wurde letztens gestohlen. Der Dieb muss einen Schlüssel haben.

Asemwald - Die Freude währte nur kurz. Zum 70. Geburtstag hat Doris Wolf von der Familie ein tolles Geschenk bekommen: eine edle Bettwäsche samt Spannbettlaken, das auf die Matratze in Sondergröße passt. 110 Euro haben sich die Gratulanten das kosten lassen. Etwa drei Monate konnte Doris Wolf das grau-braun-weiß karierte Set genießen – dann war alles weg. Gestohlen. An Ostern. Aus dem hauseigenen Waschkeller. Und damit nicht genug: „Den Wäschekorb habe ich im Ärger stehen lassen. Als ich wieder runterkam, war er auch weg.“

 

Sogar ein BH wurde entwendet

Die Rentnerin ist nicht die Einzige aus dem Haus Nummer 60 im Asemwald, die etwas vermisst. Offenbar hat dort jemand seit Jahren regelmäßig lange Finger. Eine 79-Jährige, die aus Angst vor weiterem Ärger ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, gibt Beispiele dafür, was in der Vergangenheit aus dem Raum mit den vielen Wäscheleinen weggekommen ist: die Schlafanzughose einer älteren Nachbarin, der Rock einer anderen Frau, das T-Shirt einer nächsten. Sie selbst kann gar nicht aufzählen, was ihr bereits alles entwendet wurde: fast ihre gesamten Geschirrtücher auf einen Schlag, Handtücher, Kleidung, selbst ein Büstenhalter habe beim Hausdieb Gefallen gefunden. „Ich wohne hier seit 38 Jahren. Das gab es schon vor 20, 25 Jahren. Aber jetzt ist es häufiger geworden“, sagt die Bewohnerin. Die neueste Beute ist offenbar ein Radiergummi vom schwarzen Brett. „Ich finde das so primitiv“, fügt die Frau kopfschüttelnd hinzu. Sie könne doch nicht jedes Mal zwei Stunden lang im Untergeschoss ein Buch lesen, bis die Wäsche fertig sei, klagt sie.

Dass regelmäßig im Keller geklaut wird, hat sich im Haus längst herumgesprochen. Und es drückt die Stimmung, denn das Perfide ist: Sämtliche Kellertüren sind versperrt. Der Tunichtgut müsste also einen Schlüssel haben. Die Zahl der potenziellen Täter ist in den gigantischen Blöcken aber besonders hoch. Helga Cole (70) betont, den Raum mit den Gemeinschaftswaschmaschinen und Trocknern zu meiden. „Ich hänge da gar nichts hin – aus gutem Grund.“ Sie ist erbost. „Es verdirbt das ganze Klima.“ Helga Cole glaubt an Schikane. Doris Wolf spricht indes von einem Grundproblem: „Ich würde sagen, das Stehlen nimmt zu in der Gesellschaft.“

Die Hausverwaltung ist ratlos

Werner Pohl, Mitglied des Verwaltungsbeirats, betont, dass das Thema bislang nicht beim Gremium angekommen sei. „Wenn die Leute das Anliegen an uns herantragen, werden wir uns Gedanken darüber machen und es mit der Verwaltung besprechen“, sagt er. Die komplette Schließanlage in der Wohnstadt sei vor drei Jahren ausgetauscht worden, gleichwohl wisse er nicht, wie viele Schlüssel nachgemacht worden seien. „Es sind so viele im Umlauf, wie jeder Eigentümer es für vertrauenswürdig hält.“

Die Hausverwaltung jedenfalls ist längst informiert. Und scheint ebenso rat- und machtlos zu sein wie die Bewohner. Am Eingang zum Trockenraum hängt ein Brief, der die Nachbarn ermuntert, Beobachtungen zu melden. Auch wird klargestellt, dass jeder Diebstahl angezeigt wird. Der Brief ist datiert von September 2014.

Jan M. Schmälzle, der Geschäftsführer der Hausverwaltung Klauß & Partner, erklärt: „Wir brauchen die Mithilfe der Bewohner.“ Er setzt auf Sensibilisierung. Man werde die Nachbarn, aber auch den Hausmeister und das Reinigungspersonal über die Vorfälle abermals in Kenntnis setzen. Ansonsten seien die Optionen begrenzt. Kameras etwa seien aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes „schwierig, fast unmöglich“. In Mehrfamilienhäusern – in jedem der drei Wohnblocks befinden sich rund 400 Wohneinheiten – komme so was leider vor. Schmälzle stellt aber auch klar: „Das ist kein Flächenthema im Asemwald.“