Der Bezirksbeirat möchte nicht länger warten, bis die Stadtverwaltung initiativ wird. Die Lokalpolitiker des Bürgergremiums wollen die Zukunft des Stadtbezirks selbst in die Hand nehmen. Bei einem Stadtteilspaziergang wurden nun erst einmal die Ideen und Wünsche gesammelt.

Stuttgart-Birkach - Auf dem Parkplatz eines Hotels direkt an der Birkheckenstraße hält die Gruppe, die am Freitagnachmittag einen Stadtteilspaziergang durch Birkach unternimmt, zum ersten Mal. Zwei weitere Stationen folgen. Es ist ein passender Ort, wenn es darum geht, über die Entwicklungsmöglichkeiten der Birkacher Ortsmitte nachzudenken. Nicht, weil der Stadtbezirk hier besonders attraktiv ist. Nein. Wer an dieser Stelle steht, weiß sofort um das dringlichste Problem des Filderbezirks: der Verkehr. Der windet sich hier viel zu reichlich durch die viel zu enge Durchfahrtsstraße. Wenn die gelben Linienbusse der SSB vorbeidonnern, versteht man trotz Lautersprecherverstärkung sein eigenes Wort nicht mehr. Knapp 200 Busse sollen es am Tag sein, der Autoverkehr kommt dazu.

 

Auf Einladung des Bezirksbeirats Birkach haben am vergangenen Freitag zahlreiche Bewohner des Stadtbezirks an zwei aufeinanderfolgenden Spaziergängen teilgenommen, um über Stärken und Schwächen ihres Wohnortes zu diskutieren, vor allem aber darüber, mit welchen städtebaulichen Maßnahmen die Lebensqualität in Birkach verbessert werden könnte. „Es gibt die Sorge, dass die Ortsmitte von Birkach ausstirbt“, sagt Bezirksbeirat Joachim Kausch (Grüne). Der allgemeine Planungsstau in Stuttgart führe dazu, dass seit Jahren in Birkach städtebaulich nichts vorangehe. Um den Stillstand aufzubrechen, ergreift das Gremium, so Kausch, nun selbst die Initiative. Ziel ist, die Ortsmitte des Stadtbezirks aufzuwerten „und an die heutigen Ansprüche und Bedarfe anzupassen“.

Ein erster Schritt auf diesem Weg: Klären, was den Birkachern tatsächlich auf den Nägeln brennt. Welche Problem werden als vordringlich wahrgenommen? Neben fehlendem Grün und Wasserflächen in der Ortsmitte, Plätzen mit Aufenthaltsqualität, der Möglichkeit, auch hochwertige Lebensmittel einzukaufen, einem fehlenden Drogeriegeschäft oder einer Post mit Öffnungszeiten auch am Nachmittag wird von den rund 40 Teilnehmern des ersten Spaziergangs das Themenfeld Verkehr immer wieder genannt. Dabei wird das Problem durchaus differenziert betrachtet: Während für die einen „die Fahrräder in Birkach benachteiligt sind“, verstehen andere nicht, warum in der Ortsdurchfahrt nicht schön längst Tempo 30 gilt. „Auch die Busse fahren viel zu schnell“, meint ein Bürger. Abhilfe gegen parkende Fahrzeuge in der Ortsmitte könnte nach Ansicht eines Birkachers ein Quartierparkhaus bieten. Oder aber: „Der Verkehr müsste hier halbiert werden“, wie ein weiterer Teilnehmer meint.

Auch die Idee einer Ortsumfahrung kam wieder auf

Doch wie könnte ein öffentlicher Raum aussehen, in dem die bestehenden Konflikte zwischen Fußgängern, Radfahrern und Autofahrern entschärft wären? Sogenannte Shared Spaces werden ins Spiel gebracht. Straßenräume, in denen alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind. Auch die alte Idee einer Ortsumfahrung entlang des Birkacher Felds kommt in diesem Zusammenhang wieder aufs Tapet.

Reichlich Impulse, die es nun zu bündeln gilt: Dörte Meinerling, die vom Bezirksbeirat beauftragte Stadtplanerin und Moderatorin des Stadtspaziergangs, will in einem nächsten Schritt die Wünsche und Ideen der Bürger dokumentieren und dem Bezirksbeirat als Grundlage für weitere Debatten zur Verfügung stellen. Das Ziel müsse sein, „dass die Stadt Mittel in den Doppelhaushalt einstellt, mit denen wir anschließend ein externes Planungsbüro beauftragen können“, sagt Joachim Kausch. Warten, dass die Stadtverwaltung selbst aktiv wird, will der Birkacher Bezirksbeirat jedenfalls nicht mehr.