Die AWS warnt, dass Betrüger in ihrem Namen illegal Textilien sammeln. Nun sind die ominösen roten Tonnen auch in Stuttgart-Degerloch aufgetaucht. Und werden für die, auf deren Gelände sie abgestellt wurden, zum Problem.

Hoffeld - Josef Joos kam das gleich komisch vor. Warum sollte die Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) an der Wohnanlage an der Sprollstraße in Hoffeld ein ganzes Sammelsurium an Altkleidertonnen aufstellen, wenn wenige Meter weiter, am Kreisverkehr, ein großer Container steht? Der 72-Jährige ging ins Internet – und wurde fündig. Betrug! Die roten 240-Liter-Eimer sind gar nicht von der AWS, obwohl sie das Logo des städtischen Eigenbetriebs tragen und zusätzlich noch das Landeswappen. Auch Josef Joos fiel kurzzeitig auf den täuschend echten Look rein, „für mich war das ein Begriff“, und Nachbarn aus der 180-Parteien-Anlage hatten bereits etwas hineingeworfen.

 

Schon Mitte Dezember hat sich die AWS in einer Pressemitteilung ausdrücklich von den roten Boxen distanziert: „Diese Tonne wird weder im Auftrag des Eigenbetriebs AWS noch der Stadt Stuttgart noch des Landes Baden-Württemberg aufgestellt. Es handelt sich dabei um keine genehmigte Altkleider-Sammlung, auch wenn ein Aufkleber der Sammlung einen offiziellen Charakter gibt.“ Die neue Masche mit der roten Tonne ist bisher nur aus Stuttgart-West gemeldet worden, heißt es aus der Fachabteilung, das Thema Altkleider-Ganoven ist indes grundsätzlich ein altes. Immer wieder tauchen nicht genehmigte Sammelbehälter in unterschiedlichen Aufmachungen auf, viele tragen keinen Hinweis auf den Betreiber.

Die Täter müssen in flagranti erwischt werden

Bekannt ist, dass oftmals organisierte Gruppen dahinterstecken, die die Textilien weiterverkaufen. Das Geschäft ist lukrativ. Der Dachverband Fairwertung gibt an, dass jedes Jahr in Deutschland etwa eine Million Tonnen Altkleider abgegeben werden. Bei den illegalen Sammlungen „liegt in fast allen Fällen ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vor. Denn hier wird mit vermeintlich sozialen Zwecken geworben, in Wahrheit geht es den Sammlern aber um den privaten Profit“, so Fairwertung.

Josef Joos hat seine Entdeckung der AWS gemeldet, und auch der Hausmeister der Wohnanlage, Marcus Kretzschmar, hat nach dem Fund vorige Woche Kontakt aufgenommen. Er sei zur Polizei verwiesen worden, und die habe gesagt, man müsse die Täter in flagranti erwischen. Und bis dahin hat Kretzschmar die fünf Riesenkübel „an der Backe“, wie er sagt, da sie auf privatem Gelände standen, der Besitzer nicht ausfindig zu machen ist und sonst keiner sie mitnimmt. Auf der AWS-Homepage heißt es: „Es ist jedem freigestellt, gegen die Betreiberfirma vorzugehen, die offensichtlich in betrügerischer Absicht private Flächen in ihrem Sinn nutzt.“ Der AWS selbst seien aktuell die Hände gebunden.

Beobachten und Kennzeichen notieren

Da auf der roten Tonne das Landeswappen abgebildet ist, wurde das Innenministerium kontaktiert. „Um gegen die missbräuchliche Verwendung mittels einer Unterlassungserklärung vorgehen zu können, muss im Vorfeld die Institution ausfindig gemacht sein, was bisher leider nicht möglich war“, teilt die AWS mit. Sie empfiehlt, die Tonnen vom Grundstück zu entfernen und gegebenenfalls zu beobachten, von wem sie wieder abgeholt werden. Hinweise, etwa ein notiertes Kennzeichen, könnten dem Amt für öffentliche Ordnung oder der Polizei gemeldet werden.

Um illegalen Containern den Garaus zu machen, hat sich die Stadtverwaltung in Kooperation mit den gemeinnützigen Organisationen, die im Stadtgebiet legal sammeln – Aktion Hoffnung Rottenburg-Stuttgart, ASB, DRK, Help-World, Malteser Hilfsdienst und Aktion Friedensdorf –, auf ein Konzept geeinigt. Einheitliche Container wurden angeschafft. Die Stadt hat auf ihrer Internetseite die aktuell rund 170 Standorte der Container und Wertstoffhöfe veröffentlicht.