Fotos einer Höhenrettung in Stuttgart-Degerloch, Fotos von einer Operation im Stadtbezirk – im gerade erschienenen Buch „Degerloch neu entdeckt“ zeigen Norbert Nieser und Stephan Hutt ihren Heimatort aus ungewohnter Perspektive. Ein Vorgeschmack...

Degerloch - Die Mission, Degerloch für Degerlocher aus einem nicht bekannten Blickwinkel zu zeigen, ist vollbracht. Der Fotograf Norbert Nieser hat in der vergangenen Woche sein Buch „Degerloch neu entdeckt“ veröffentlicht. Zahlreiche Bürger sind zur Buchpräsentation gekommen, bei der die Beteiligten von der Entstehungsgeschichte der Fotos erzählten, umrahmt von der Musik der Tri-Angels, einer Stuttgarter Band.

 

„Stephan stand mit leuchtenden Augen in meiner Galerie und berichtete mir von seiner Idee“, sagt Norbert Nieser bei der Präsentation. Stephan Hutt wollte ein Buch produzieren, das es so noch nicht gab. Es sollte Degerloch zeigen, wie es heute ist. Dabei wollte er nicht nur bekannte, sondern auch außergewöhnliche Themen beleuchten. Hutt veröffentlichte bereits mehrere historisch geprägte Werke über Degerloch.

24 Fotografen, 300 Bilder

Um einen neuen Blickwinkel auf den Stadtbezirk zu bekommen, setzte Nieser bewusst Fotografen ein, die nicht aus Degerloch kommen. So entsteht ein „liebenswert-kritischer“ Blick, wie die Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold es beschreibt. „Es ist ein Gesamtwerk, wie es sich ein Stadtbezirk nur wünschen kann.“

Der Projektleiter Peter Uhlemann ermöglicht dem Publikum an diesem Abend einen ersten Blick „zwischen die Buchdeckel“, bevor der Verkauf offiziell beginnt. „Wussten Sie, dass man nicht nur auf den Fernsehturm hinauf, sondern auch in den Keller gehen kann?“, fragt er in die Runde. Nicht nur dorthin, sondern auch zu dem einzigen Bäcker, der seine Backstube im Bezirk hat, sind die Fotografen gegangen. Außerdem hat das Team entdeckt, dass man in Degerloch seine Kleidung nach Maß anfertigen lassen oder dies selbst unter Anleitung tun kann.

Das und mehr wurde auf mehr als 300 Fotos festgehalten; 24 Fotografen waren dafür im Bezirk unterwegs, einige mehr waren an der Koordination beteiligt.

Alle 15 Minuten vor den Gegebenheiten geflüchtet

„Die Fotografen sind bis an ihre Grenzen gegangen und darüber hinaus“, sagt Uhlemann. So stiegen sie auf 30 bis 40 Meter hohe Feuerwehrleitern und fotografierten während einer laufenden Operation. Jörg Huber ist einer dieser Fotografen und erzählt, wie es zu seinem Bildmotiv kam. „Ich habe mich an den Spatenstich für die Feuerwache 5 erinnert“, sagt Huber. Dem damaligen Journalisten ist dieser Termin besonders im Gedächtnis geblieben. „Der Fotograf hat danach gesagt, wir müssten alles noch mal machen, weil er keinen Film im Apparat hatte“, sagt Huber und lacht. Deshalb entschied er sich, für „Degerloch neu entdeckt“ eine Höhenrettung zu fotografieren.

Ein anderes Motiv haben sich Andreas Ille und sein Kollege ausgesucht: Sie haben die Glocken im Kirchturm der Michaelskirche abgelichtet. „Das Problem war, dass man sie nicht abschalten kann“, sagt Ille. Alle 15 Minuten läuteten die Glocken, und die beiden Fotografen mussten sich vor dem Lärm in Sicherheit bringen. „Wir haben einen Wecker immer auf zwölf Minuten gestellt und sind dann ein paar Stockwerke nach unten gerannt und haben uns die Ohren zugehalten“, sagt Ille. Nieser weiß den Einsatz der beiden zu schätzen: „Die sind bestimmt 20- oder 30-mal da hoch- und runtergewetzt.“

Nicht gezeigte Fotografien im Bezirksrathaus

Die Kirchenglocken und die Höhenrettung gehören ebenso zu den 25 Themen des Buches wie die örtliche Weinkultur, Kioske, Schrebergärten und exotische Pflanzen. Kleine Infotexte ergänzen die aufwendig entstandenen Fotos. So kann man auf 220 Seiten „Degerloch neu und intensiver erleben als je zuvor“, sagt Brigitte Kunath-Scheffold. Mehr als zwei Jahre Arbeit stecken in dem Buch. In der Zeit sind noch mehr Fotos entstanden, als in dem Produkt zu sehen sind. Diese werden bei einer Ausstellung im Dezember im Bezirksrathaus gezeigt – zusammen mit bereits bekannten Motiven aus dem Buch. Nieser denkt bereits an eine Fortsetzung: „Degerloch bietet noch ganz viel Verborgenes.“

Das Buch „Degerloch neu entdeckt“ ist für 24,80 Euro bei der Galerie Nieser, der Buchhandlung Müller, Optik Thorausch, beim tus-Treff und im Einkaufsgarten Peter Haag erhältlich.