Die Fritz-Leonhardt-Realschule in Stuttgart-Degerloch fühlt sich im Stich gelassen. Seit Jahren bettelt sie um eine Verbesserung ihrer räumlichen Situation, seit Jahren wird sie vertröstet. Ein Rundgang offenbart die Gründe für die Klagen.

Degerloch - Wer die Frustration von Schulleitung, Lehrern und Elternvertretern an der Fritz-Leonhardt-Realschule verstehen will, braucht nur einen Blick auf den Notausstieg im Maschinenraum der Schule zu werfen. Er ist direkt unter der niedrigen Decke an einem Fenster, das in einen außen liegenden Schacht führt. Ob dort eine Flucht ins Freie im Notfall gelingt, darf getrost bezweifelt werden, denn das Fenster hat nicht einmal einen richtigen Griff. „So einen Notausstieg gibt es an keiner anderen Schule in Stuttgart“, sagte Schulleiterin Karin Grafmüller am Mittwoch bei einem Rundgang durch ihre Schule. Als Teil eines Runden Tisches sollte er den Teilnehmern, darunter Bezirks- und Stadträten, die seit Jahren prekäre Raumsituation der Realschule vor Augen führen.

 

Dabei gab es deutliche Worte – von Grafmüller, die den Maschinenraum als „Armutszeugnis für die Stadt Stuttgart“ bezeichnete, von den Elternvertreterinnen Petra Gohl-Kümpfbeck und Illona Färber, die den Runden Tisch anberaumt hatten, und von den Techniklehrern der Schule. Überall fehle es an Platz. „Der Raum ist prinzipiell okay, aber wenn sich hier 15 oder 16 Zehntklässler aufhalten, fühlt man sich erdrückt“, erklärte Techniklehrer Thomas Pfisterer bei der Besichtigung eines Raums für Holz- und Metallarbeiten.

Ein weiteres Problem: Die Räume liegen zum Teil weit auseinander. „Um Material zu holen, müssen wir in den Keller. Aber die ganze Truppe runterzuschicken, ist schwierig“, sagte der Lehrer Pfisterer. So müsse er oft in den Maschinenraum und die Schüler allein lassen.

Die Realschulen hätten keine Lobby

Im Unterrichtsraum für Alltag, Kultur, Ernährung und Soziales, kurz AES, gibt es ähnliche Probleme. Bügeln, Nähen, Theorie – all das findet dort auf engstem Raum statt. In einem anderen Technikraum sind Werkbänke in die Jahre gekommen. Richtig durchlüften kann man auch nicht, weil die Fenster bereits halb geöffnet gegen die hinter den Werkbänken angebrachten Kabelleisten stoßen. Natürlich könne man den Bestand aufrüsten, sagte Grafmüller. Eine Wand herausnehmen, um mehr Platz zu schaffen, das ginge schon. „Aber wir haben das bislang aufgeschoben, weil wir auf ein neues Gebäude gehofft haben.“

Der Notausstieg Foto: Tilman Baur

Denn schon 2007 habe die Stadt schriftlich bestätigt, dass Handlungsbedarf bestehe, doch seither sei man immer wieder vertröstet worden. „Die Realschule hat keine Lobby“, klagte Grafmüller, Grundschulen und Gymnasien würden bevorzugt. „Der Eindruck ist einfach, dass anderen Schulen viel bewilligt wird, der Filderschule zum Beispiel, uns aber nicht“, sagte Petra Gohl-Kümpfbeck. Nach der geplatzten Zusammenlegung von Alb- und Filderschule, im Zuge derer man einige Räume der Albschule hätte nutzen können, stehe man ohne Perspektive da. „Wir mussten feststellen, dass die Stadt keinen Plan B hat“, so die Elternvertreterin.

Die Stadt spielt weiterhin auf Zeit

Jörg Weckler hatte angesichts dieser Gemengelage keinen leichten Stand. Der Mann vom Schulverwaltungsamt zeigte Verständnis für den Frust, machte jedoch gleichzeitig klar, keine schnellen Lösungen anbieten zu können. „Da muss man ehrlich sein, in den nächsten ein, zwei Jahren ist da nichts zu machen.“ Die Stadt habe ein Investitionsprogramm mit Prioritätenliste, und die Fritz-Leonhardt-Realschule stehe eben nicht drauf. Weckler erläuterte die Probleme in der Verwaltung, die längst bekannt sind: den Personalmangel im Hochbauamt zum Beispiel, oder den Sanierungsstau, der das ganze Stadtgebiet betrifft.

Trotzdem gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer: Am 22. Juni setzen sich Vertreter von Stadt und Schule abermals an einen Tisch, um über konkrete, kurzfristige Lösungen nachzudenken. So könne man versuchen, durch Raumrochaden die drängendsten Probleme in den Griff zu bekommen, schlug Jörg Weckler vor. Doch die Skepsis der Teilnehmer überwog. „Wir sind von einer großen Lösung weiter entfernt, als ich jemals dachte“, sagte Bezirksbeirätin Inka Glaser-Gallion (CDU).