In einem anonymen Schreiben beklagen sich einige Anwohner über Kinderlärm. Die Baugenossenschaft Luginsland setzt normalerweise auf den Dialog. Das Problem hier: Es mangelt an greifbaren Ansprechpartnern.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Stuttgart - Stadtkinder haben es gut, wenn sie in der Siedlung Freytagweg im Fasanenhof aufwachsen: Kindergarten und erste Schulstufen sind quasi in Sichtweite erreichbar, ein Spielplatz ist nicht allzu weit weg. Der Durchgangsverkehr ist hier rausgehalten, und die Baugenossenschaft Luginsland als Träger einiger Häuser dort hat die unmittelbare Umgebung aufgewertet, unter anderem mit Abstellräumen für Fahrräder und Kinderwagen. Zur Sanierung der Häuser aus den 1960er und 1970er Jahren wurden auch noch große Balkone angebracht. So können die Kinder vor den Hauseingängen spielen und sind gleichzeitig in Sichtweite der Eltern. Also keine schlechte Wohnlage am Rande einer Großstadt mit viel Grün, das den typischen Verkehrslärm dämmt.

 

Auf anonyme Schreiben kann nicht reagiert werden

Doch dieses Bild ist nun getrübt. Es gibt Klagen über Lärmbelästigungen und Ruhestörungen, verursacht wohl vor allem von spielenden Kindern sowohl an Arbeits- wie auch an Sonn- und Feiertagen. Dazu soll es ein Lärmprotokoll der vergangenen drei Monate geben, auch ein Anwalt sei hinzugezogen worden. Außerdem sollen die Baugenossenschaften informiert worden sein, neben Luginsland ist das dort auch die Filderbau.

Das Problem an der Sache: Diese Vorwürfe sind anonym erhoben worden. So viel ist immerhin zu erkennen: Die Adressaten der Vorwürfe sind die Bewohner von Freytagweg 11, 13 und 15, die Absender leben am Freytagweg 19, 31, 33, 35, 37 sowie an der Fasanenhofstraße 78. „Auf anonyme Schreiben können wir überhaupt nicht reagieren, da wir so ja gar nicht wissen, wer die Ansprechpartner sind“, sagt Andreas Knoke, geschäftsführender Vorstand von Luginsland, der den Eingang von zwei anonymen Schreiben aus dieser Siedlung bestätigt.

Vor Ort mit den Beteiligten sprechen

Dabei sei das Gespräch, der Austausch, der erste und zugleich wichtigste Schritt in solchen Situationen. Denn ungewöhnlich seien solche Konflikte nicht, allein Luginsland hat derzeit etwas mehr als 1300 Mietwohnungen im Portfolio. „Wir gehen dann vor Ort, sprechen mit allen Beteiligten und hören sie an“, beschreibt Knoke die Vorgehensweise. „Denn wir wollen schon eine gemeinsame Lösung finden.“ Das kann dann auch in einem gemeinsamen Gespräch in der Geschäftsstelle mit einem Moderator sein. Das Ziel ist eben, dass alle Beteiligten herausarbeiten, was verhältnismäßig ist, was nicht geht und was hingenommen werden muss.

Knoke beschreibt solch ein Szenario beispielhaft: „Da gibt es die älteren Bewohner, die ein größeres Ruhebedürfnis haben, möglicherweise auch, weil sie unter Krankheiten leiden. Und es wohnen dort Menschen, die täglich zur Arbeit gehen, die teils im Schichtbetrieb arbeiten. Für die muss es möglich sein, dass sie beispielsweise auch noch um 23 Uhr unter der Dusche stehen können. Und die Kinder brauchen Spielmöglichkeiten vor den Häusern.“ Mit Blick auf den Freytagweg meint Knoke: „Als Bolzplatz etwa für über 13-Jährige ist das sicher nicht der richtige Ort. Aber jüngere Kinder sollen da schon spielen können.“

Abmahnungen sind die letzte Möglichkeit

Es geht eben auch darum, alle Beteiligten wieder dafür zu sensibilisieren, in welchem konkreten Umfeld sie leben, mit all den damit verbundenen Vor- und Nachteilen. Da sieht Knoke generell in letzter Zeit einen größeren Gesprächsbedarf; die mit Corona verbundenen Einschränkungen – geschlossene Schulen, Kindergärten und Spielplätze – wirken noch nach. Knoke: „Ich bin ein Mensch des Dialogs und nicht der Konfrontation. Wir wollen helfen, wenn die Anliegen nachvollziehbar sind.“ Die Grenzen sind allerdings erreicht, wenn sich jemand absolut dem Gespräch verweigert: „Da sind uns dann die Hände gebunden. Das letzte Mittel, das uns bleibt, sind Abmahnungen.“

Kinder stehen früh auf

Die angeschriebenen Eltern der Häuser 11, 13 und 15 wollen für den Bericht unserer Zeitung ebenfalls anonym bleiben. Ihre Anliegen formulieren sie dennoch: „Kinder stehen nun mal früh auf, und dann wollen sie spielen und sich bewegen, auch vor 9 Uhr morgens“, meint eine Mutter: „Mir wäre auch lieber, wenn sie länger schlafen würden.“ Kinder seien dort übrigens schon deshalb früh zugange, weil gerade an diesen drei Häusern ein Schulweg vorbeiführt zur nahe gelegenen Grundschule.