An der Stadtbahnhaltestelle „Wilhelm-Geiger-Platz“ hielten von 10 bis 15 Uhr keine Züge mehr, die Polizei rückten mit mehreren Hundertschaften an. Das Polizeiaufgebot im Zuge der beiden Demonstrationen am Samstag beschäftigte zuletzt auch die Bezirksbeiräte in Feuerbach.

Feuerbach - Zu Beginn der vergangenen Sitzung des Bezirksbeirats Feuerbach meldete sich Wolf-Dieter Dorn, Koordinator und Sprecher des Freundeskreises Flüchtlinge Feuerbach (FFF), zu Wort: Er kam auf die Ereignisse am vergangenen Samstag in Feuerbach zu sprechen und bat die Bezirksbeiräte um eine Stellungnahme, wie sie im Rückblick die samstägliche Polizeipräsenz und das Aufgebot an Ordnungskräften bewerten.

 

Zum Hintergrund: Etwa 120 Gegner eines geplanten Moscheebaues in Feuerbach versammelten sich am Samstag auf dem Wilhelm-Geiger-Platz beim Biberbrunnen, um gegen das Projekt zu demonstrieren. Veranstalter der Kundgebung war die Jugendorganisation der AfD, die Junge Alternative Stuttgart.

Mehrere Hundertschaften der Polizei rückten an

Das Aktionsbündnis „Stuttgart gegen Rechts“ veranstaltete zeitgleich eine Gegendemo. Mehrere Hundertschaften der Polizei waren am Samstag in Feuerbach angerückt. Sie sperrten die Straßen rund um den für die AfD-Kundgebung zugewiesenen Platz ab und stellten Gitter auf. Zwei Wasserwerfer standen bereit, eine Reiterstaffel war unterwegs, der Festplatz war voller Polizeiautos. Für die Beobachtung aus der Luft setzte das Polizeipräsidium Stuttgart einen Polizeihubschrauber und Drohnen ein.

CDU-Bezirksbeirat Dirk Teichmann dankte der Polizei für deren Einsatz. Offenbar seien ja auch „linke Chaoten“ unter den Demonstranten zu finden gewesen.

Daraufhin meldeten sich Reiner Götz (Die Grünen) sowie Martin Härer (SPD) und Roland Saur (SÖS/Linke-Plus) zu Wort, um ihre Sicht der Dinge zu schildern. Alle drei waren am Samstag vor Ort gewesen – und zwar auf Seite der Gegendemonstranten: „Das war eine angemessene Gegenveranstaltung“, widersprach SPD-Bezirksbeirat Härer.

Auch Roland Saur, der auch als Vertreter des FFF bei der Gegendemo als Redner auftrat, distanzierte sich von Teichmanns Einschätzung. Die Gruppe der Gegendemonstranten hätte aus Feuerbachern, jungen Antifaschisten, Engagierten und Migranten bestanden, die für eine solidarische Gesellschaft demonstriert hätten. „Es war eine zivilgesellschaftliche Bewegung“, sagt er auf Nachfrage unserer Zeitung. Allerdings habe die Polizei den gesamten Wilhelm-Geiger-Platz blockiert. „Die U-Bahnen durften von 10 bis 15 Uhr nicht halten. Die Zufahrtsstraßen wurden abgeriegelt, Halteverbote von 6 bis 20 Uhr aufgestellt. Gewerbetreibende schlossen ihre Läden. Der Bus 91 wurde umgeleitet“, zählt er auf. Aus Saurs Sicht war der gesamte Polizeieinsatz „total überzogen“. Er stellte daher eine Anfrage und will nun Antworten auf folgende Fragen haben: „Auf welcher gesetzlichen Grundlage wurde die SSB-Haltestelle Wilhelm-Geiger-Platz für mehrere Stunden gesperrt?“ Und: „Warum wurden Drohnen bei dem Einsatz eingesetzt?“

Bürgerliches Lager zeigt Flagge

Reiner Götz sagte, er finde es interessant, dass „wir uns hier nur über die Polizei unterhalten und nicht über die AfD.“ Die AfD sei doch eher das zentrale und wichtige Thema: Denn gegen deren Politik und Auftritte müsse das „bürgerliche Lager Flagge zeigen“. Wenn AfD-Vertreter über den geplanten Moschee-Bau behaupten, dieser komme einer „Landnahme“ durch den Islam gleich, so entspreche dies in keinster Weise der Realität, betonte Götz. Er sehe die Ditib durchaus kritisch, weil sie von der türkischen Regierung in Ankara unterstützt werde. Seine Fraktion setze sich daher dafür ein, dass Imame, die hier predigen, auch hierzulande ausgebildet werden. Götz bezeichnete sich selbst als „Ausgeburt der Bürgerlichkeit“, und eben als Teil dieses Bürgertums habe er auch an der Demo gegen die AfD-Kundgebung teilgenommen. Teichmann von der CDU versuchte anschließend die Wogen zu glätten: „Mit linken Chaoten“ seien natürlich lediglich diejenigen gemeint, die Eier geworfen hätten, betonte er, zudem seien ja auch Festnahmen erfolgt.

Einsatzkräfte mit Eiern beworfen

„Längerfristig festgenommen wurde niemand“, sagt Polizeisprecher Jens Lauer auf Nachfrage unserer Zeitung. Es seien lediglich bei einzelnen Personen die Personalien vor Ort festgestellt worden. In der Polizeimeldung heißt es außerdem: „Personen des mutmaßlich linken Spektrums zündeten kurzzeitig pyrotechnische Gegenstände und bewarfen Einsatzkräfte mit Eiern.“

Laut Lauer hätten die Veranstalter der Kundgebung gegen den geplanten Moscheebau ihre Demo ursprünglich durch das türkische Viertel im Gewerbegebiet Feuerbach-Ost führen wollen. Auch wenn diesem Antrag letztendlich nicht stattgegeben worden sei, sei dennoch durch die Nähe zur Ditib-Moschee an der Mauserstraße ein gewisses Konfliktpotenzial nicht auszuschließen gewesen. Die Sicherheitslage sei daher schwer einschätzbar gewesen.