Der Verein Schutzbauten Stuttgart lässt einen Röhrenbunker aus der Zeit des Kalten Krieges nachbauen. Als Vorbild für das Modell dienten im Boden eingegrabene Röhren, die der frühere Heizöltank-Hersteller Stefan Nau aus Dettenhausen bei Tübingen damals entwickelte.

Feuerbach - Bei der „Bauschau Bonn“ wurde im Jahr 1969 allerlei Zubehör für den zivilen Bevölkerungsschutz gezeigt. Neben dem obligatorischen Geigerzähler war auch eine Reihe von Schutzräumen für den privaten Gebrauch im Falle einer atomaren Katastrophe zu sehen. Damals war die Zeit des Kalten Krieges: UdSSR und USA lieferten sich ein knallhartes atomares Wettrüsten. Die Furcht, dass das sogenannte „Gleichgewicht des Schreckens“ aus der Balance geraten könnte, war auch hierzulande spürbar.

 

Wo die Angst wächst, blühen auch neue Geschäftsmodelle

Wo Angst wächst, blühen auch neue Geschäftsideen. Damals entwickelten Firmen wie Thyssen, Krupp oder auch der frühere Heizöltank-Hersteller Nau aus Dettenhausen bei Tübingen Bunker in verschiedenen Formen – quasi für den Hausgebrauch. Die Bauten wurden meist eingebuddelt im eigenen Garten mit Zugang zum Keller und boten laut Werbung dem Hausbesitzer im Ernstfall die Möglichkeit, den Folgen einer nuklearen Katastrophe zu entgehen. „Der Röhrenbunker sollte Schutz bieten gegen herabfallende Trümmer, radioaktive Niederschläge, biologische und chemische Kampfstoffe und Brandeinwirkung“, zählt der Vorsitzende des Vereins Schutzbauten Stuttgart, Rolf Zielfleisch, auf.

Allerdings gab es noch andere Gründe, warum sich manche Kunden für eine Anschaffung entschieden: Wichtige Vertreter des Systems befürchteten vor allem in den 70er Jahren, ins Visier der Rote Armee Fraktion zu geraten: „Die Angst vor einem RAF-Anschlag ließ bei so manchem Industriellen den Entschluss reifen, sich einen solchen Schutzraum bauen zu lassen“, berichtet Zielfleisch. Anfangs förderte sogar der Staat ein derartiges Bemühen nach Privatschutz: „Hilfe für graue Bauten“ war ein Artikel aus der ZEIT vom 6. Juni 1969 überschrieben: Die damalige Dach-Zeile lautete: „Vom 1. Juli an gibt es staatliche Zuschüsse für Atombunker“. Die Zuschuss-Höhe orientierte sich an der Zahl der Schutzplätze, die geschaffen wurden. „Solche Bauten wurden von der damaligen Bundesregierung auch steuerlich gefördert“, sagt Zielfleisch.

Theaterkulissenbauer sollen ein Modell aus Holz bauen

Vor diesem Hintergrund plant der Verein Schutzbauten nun ein neues Projekt: „Unser Verein möchte einen Röhrenbunker als Modell im Maßstab Eins zu Eins nachbauen lassen und im Tiefbunker ausstellen“, berichtet Zielfleisch. Zwei Theaterkulissenbauer sollen das Modell aus Holz originalgetreu umsetzen: „Wir haben bereits Kostenvoranschläge eingeholt.“ Neulich stellte er das Projekt im Bezirksbeirat vor und bat um eine Förderung aus dem Verfügungsbudget: Das Gremium gewährte 3000 Euro.

Als Vorbild für das geplante Modell dient übrigens die wie ein U-Boot aussehende Nau-Röhre. Der Dettenhausener Unternehmer hatte auf seinem eigenen Grundstück ein Produkt aus eigener Herstellung zu Demonstrationszwecken einbuddeln lassen. „Um sich die erforderliche Genehmigung zu besorgen, ließ er zuvor das Bauwerk auf einen Tieflader laden und fuhr damit beim Bundesamt für Zivilschutz in Bonn vor“, berichtet Zielfleisch.

Vor etwa anderthalb Jahren wurde das gute Stück verschrottet.„Wir haben uns damals das komplette Inventar gesichert“, berichtet Zielfleisch. Alles was drin war – vom Waschbecken bis zum Periskop und Transformator. Diese Exponate sollen nun, sobald das Modell fertig ist, dauerhaft im Tiefbunker Feuerbach gezeigt werden.

50 Röhrenbunker für die Saudis

Bei der „Bauschau“ in Bonn anno 1969 wurde auch der Nau’sche Schutzraum gezeigt. „Der einzige Stahlbunker, der schon im Werk zusammengeschweißt wird, kommt von der Firma Stefan Nau aus Dettenhausen bei Tübingen. Die Nau-Röhre sieht aus wie ein riesiger Heizöltank und wurde auch tatsächlich aus solchen Tanks entwickelt“, heißt es in einem Artikel aus dem Jahr 1969. Er sei „bis zu 9 atü druckresistent lieferbar“, schreibt die ZEIT-Autorin weiter. Freilich hat auch dieses Produkt schwäbischer Qualitätsarbeit seinen Preis: „Der Nau-Bunker ist der komfortabelste – und teuerste aller ausgestellten Bunker“, konstatiert die Schreiberin, ohne die Kosten zu nennen.

Etwa 50 Schutzräume seien damals nach Saudi-Arabien geliefert worden, hat Zielfleisch erfahren. Das nötige Kleingeld dafür dürften die Saudis wohl gehabt haben. Übrigens gibt es auch in Feuerbach einen Privatbunker. Als vor wenigen Jahren eine schwere Fliegerbombe in der Nähe des Wohngebiets Hattenbühl im Wald entdeckt und entschärft wurde, musste das Wohngebiet zeitweilig evakuiert werden. Damals habe sich ein Hausbesitzer geweigert, der Aufforderung nachzukommen, weiß Zielfleisch. Er wollte die Angelegenheit aussitzen – und zwar im hauseigenen Bunker.