Anfang 2017 will die EnBW mit dem Neubau eines reinen Gaskraftwerkes in Gaisburg beginnen. Umweltpolitisch könne niemand dagegen sein, sagt der Energiekonzern – denn die Emission von Schadstoffen werde deutlich sinken.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) hat am Dienstag ihre Pläne für ein neues Gaskraftwerk in Gaisburg konkretisiert: Das Kraftwerk, das die bestehende Großanlage direkt an der B10 ersetzen soll, wird voraussichtlich 75 Millionen Euro kosten und soll schon Ende 2018 in Betrieb gehen. Da die Kohle als Energieträger verschwinden wird, dürfte das neue Kraftwerk deutlich ökologischer sein. Die Projektleiterin Diana van den Bergh sprach davon, dass etwa 60 000 Tonnen weniger Kohlendioxid im Jahr ausgestoßen würden; das entspreche rund 40 Prozent der bisherigen Emissionen. Der Ausstoß von Feinstaub und Schwermetallen würde künftig komplett vermieden.

 

In einem Marathon von vier Veranstaltungen hat die EnBW am Montag und Dienstag die Anwohner, den Gemeinderat, Umweltverbände und die Medien informiert. Das Kraftwerk Gaisburg produziert ebenso wie die Kraftwerke in Münster und Altbach vorwiegend Wärme, also erhitztes Wasser, das über ein 270 Kilometer langes Rohrnetz an 25 000 Haushalte in Stuttgart und Esslingen geliefert wird. Dort dient es der Heizung. Gaisburg ist aber nur für die Spitzenzeiten gedacht und trägt etwa 20 Prozent des Bedarfs bei.

Neues Kraftwerk stößt weniger Kohlendioxid aus

Das neue Gaskraftwerk wird mit insgesamt 240 Megawatt geringfügig weniger thermische Leistung haben als die bisherige Anlage. Die sechs Kessel können nach Bedarf einzeln zugeschaltet werden. Zudem ist eine effiziente Anlage zur Kraft-Wärme-Kopplung mit drei Gasmotoren geplant. Ein Wärmespeicher, in dem überschüssige Energie zwischengelagert werden kann, rundet das Konzept ab. EnBW-Manager Dirk Güsewell sieht das neue Kraftwerk auch als Beitrag zum Energiekonzept der Stadt Stuttgart – um die gleiche Einsparung an CO2 zu erreichen, müssten Zehntausende von Bürgern vom Auto auf die Bahn umsteigen.

Zudem bietet die Modernisierung des Standortes eine städtebauliche Chance. Das neue Kraftwerk wird nur etwa 5000 Quadratmeter Fläche benötigen – die alte Anlage ist fast vier Mal so groß. Zudem werden 75 000 Quadratmeter frei, die bisher zur Lagerung der Kohle dienen (siehe dazu den nebenstehenden Text). Weiter soll das neue Gebäude niedriger werden, und die beiden Schornsteine seien weniger als 100 Meter hoch – bisher ragt der höchste Schornstein 165 Meter in die Luft. Ob die EnBW das frei werdende Gelände verkauft oder teils selbst nutzen wird, sei noch nicht entschieden, so Güsewell.

Konflikt um Konzession für Fernwärme schwelt weiter

Offen ist auch noch, ob die EnBW weiter die Konzession für die Fernwärme in Stuttgart erhalten wird – das Thema ist strittig zwischen Stadt und EnBW. Dirk Güsewell betonte am Dienstag, dass die EnBW mit der Modernisierung in Gaisburg keine Fakten schaffen wolle: „Das ist kein Fehdehandschuh.“ Im Gegenteil sei die EnBW offen für Gespräche mit den Stadtwerken, und sie sei auch bereit, neue Nahwärmenetze an ihr Fernwärmenetz anzuschließen.

Eine Absage erteilte die EnBW aber der Forderung von Umweltgruppen, das Fernwärmenetz in einen Esslinger und einen Stuttgarter Teil zu trennen, damit die Stadtwerke den Stuttgarter Teil übernehmen können. Das sei teuer und kompliziert, so Güsewell. Aus technischen Gründen sei es auch kaum machbar, dass die EnBW die Fernwärme erzeuge und die Stadtwerke das Netz betrieben. Für die Stadtwerke ist eine reine Beteiligung am Kraftwerk, die die EnBW wohl angeboten hat, uninteressant: „Gestaltungsmöglichkeiten ergeben sich erst, wenn wir Zugang zum Netz und damit zum Kunden bekämen“, sagte ein Sprecher der Stadtwerke.

Im Gemeinderat gab es wenig Kritik am Vorhaben der EnBW. Die SÖS-Linke-Plus pochte darauf, dass die Stadt die Fernwärmekonzession an die Stadtwerke vergibt, Peter Pätzold (Grüne) mahnte die EnBW, auch die anderen Kohlekraftwerke zu modernisieren. Alexander Kotz (CDU) sieht Gaisburg positiv: „Die Perspektive, dort erneuerbare Energien zu integrieren, ist sehr gut.“ Zur Veranstaltung am Dienstagabend hatten sich 90 Bürger angemeldet.