Stuttgarts OB Fritz Kuhn hat eine strengere Kontrolle der LBBW angekündigt. Er sagte, es geben bei den Trägern – Land, Sparkassenverband und Stadt – die Tendenz, den öffentlich-rechtlichen Status der Bank zu erhalten.

Stuttgart - Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) hat im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats eine strengere Kontrolle der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) angekündigt. Er arbeite sich derzeit in seine Aufgaben als Aufsichtsrat ein und werde sich in diesem Amt für Risikominimierungen einsetzen „und die Sicherheit des städtischen Haushalts im Auge behalten“. Kuhn sagte, er bevorzuge es, „mit weniger Ertrag gut zu schlafen als umgekehrt“. Der Ausschuss hat das Jahresergebnis (399 Millionen Euro nach Steuern) zustimmend zur Kenntnis genommen. Und er stellte fest, dass die schlechten Rahmenbedingungen kein besseres Ergebnis zugelassen hätten, und schlug vor, den Landesbank-Aufsichtsrat zu entlasten. Der Stadtrat Hannes Rockenbauch (SÖS/Linke) stimmte dagegen.

 

Der Oberbürgermeister verkündete überraschend, dass es bei den Trägern – Land, Sparkassenverband und Stadt – die Tendenz gebe, den öffentlich-rechtlichen Status der Bank zu erhalten. Hinter vorgehaltener Hand hatte es schon länger warnend geheißen, dieser Geheimplan „verträgt das Schnaufen nicht“, weil Brüssel darauf negativ reagieren könnte. Die EU-Kommission fordert bekanntlich als eine Konsequenz aus der Beinahepleite 2008 die Umwandlung des Bankkonzerns von der öffentlich-rechtlichen Anstalt in eine Aktiengesellschaft, wobei den Eigentümern freisteht, ob sie eine AG nach deutschem oder europäischem Recht (Societas Europaea, SE) wählen. Hierfür hat die EU eine Frist bis Jahresende gesetzt.

Die Eigentümer würden sich gerne die Kosten für die Rechtsformumwandlung sparen. Das neue Selbstbewusstsein, die von Brüssel gestellten Anforderungen teilweise neu zu definieren, resultiert vor allem daraus, dass „alle Auflagen übererfüllt“ worden seien, wie der LBBW-Chef Hans-Jörg Vetter im Ausschuss formulierte. Darunter fällt der umstrittene Verkauf von rund 21 000 Wohnungen sowie der Abbau von 2500 Vollzeitstellen. Die FDP plädiert allerdings für die Gründung einer SE. Das hat der Fraktionschef Bernd Klingler betont.

Keine Ausschüttung auf das Stammkapital

Gegenüber den Fraktionschefs soll Kuhn nach StZ-Informationen auch angedeutet haben, ein weiteres Ziel sei, den Namen Landesbank Baden-Württemberg zu tilgen. Der ganze Konzern würde demnach künftig BW-Bank heißen, also auch die Zentrale am Hauptbahnhof und die Töchter Sachsen Bank und Rheinland-Pfalz-Bank. Eine Bestätigung für dieses Vorhaben gab es seitens der Rathausspitze nicht. Auch der Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Die Bank selbst verweist darauf, dass die Entscheidung bei den Eigentümern liege. Auf eine Ausschüttung auf das mehr als eine Milliarde Euro betragende Stammkapital muss die 18,9-Prozent-Anteilseignerin Stadt wie schon in den drei Jahren zuvor verzichten. Der Bilanzgewinn beläuft sich 2012 auf null Euro.

Die Fraktionen zeigten sich allerdings erfreut über einen Zinsertrag von 76,6 Millionen Euro auf die stillen Einlagen; schließlich seien nur 60 Millionen Euro im Haushalt veranschlagt gewesen, sagte Manfred Kanzleiter (SPD). Der Bankenkritiker Rockenbauch betonte dagegen, ursprünglich seien 100 statt 60 Millionen Euro eingeplant gewesen. Zu berücksichtigen sei zudem, dass der Gemeinderat durch die zu Jahresbeginn vorgenommene Umwandlung von 2,2 Milliarden Euro stiller Einlagen in hartes Eigenkapital auf einen Anspruch auf eine Nachzahlung in Höhe von 41,4 Millionen Euro verzichtet habe. Der LBBW-Chef Vetter wiederholte seine Ankündigung, 2014 eine Milliarde Euro an die Träger zurückzuzahlen an – unter Vorbehalt. Diese hatten 2009 zur Stabilisierung der Bank insgesamt fünf Milliarden Euro Eigenkapital in das Institut gepumpt – unter der Maßgabe, sie würden das Geld bis 2018 komplett zurückerhalten. Dies verlangt auch die EU. Die Stadt werde nächstes Jahr 189 Millionen Euro zurückbekommen. Es werde aus den stillen Einlagen entnommen, sagt Föll.

Die Grünen-Stadträtin Andrea Münch und der CDU-Fraktionschef Alexander Kotz machten deutlich, dass die Stadt über kurz oder lang ihr Engagement bei der Bank reduzieren wolle. „Kapitalbindung und Haftung müssten zurückgeführt werden“, so Münch. Die Stadt nimmt mit ihrem Anteil an einer Abschirmung von Risiken in Höhe von 12,6 Milliarden Euro teil.

Sparkassenverband schweigt zum Thema Rechtsform

Kuhns Offenherzigkeit dürfte die anderen Eigentümer, vor allem Sparkassenpräsident Peter Schneider (CDU), mächtig ärgern. Von ihnen wagt sich niemand aus der Deckung, aus Angst vor der mächtigen EU-Wettbewerbsbehörde. Wenn die Entscheider in Brüssel vorzeitig erfahren, dass das Land, die Sparkassen und die Stadt die von der EU verordnete Rechtsformumwandlung vermeiden wollen, „ist das Thema tot“, heißt es am Finanzplatz. „Der Sparkassenverband äußert sich derzeit nicht zu der Frage der Rechtsform“, sagt ein Verbandssprecher auf Anfrage. Hierüber liefen noch intensive Gespräche mit allen Trägern.

An der Rechtsformfrage hängt auch die Frage der Mitbestimmung. Der 2010 eingerichtete LBBW-Aufsichtsrat ist zu zwei Dritteln mit Vertretern der Eigentümer und zu einem Drittel mit Belegschaftsvertretern besetzt. Bei einer Umwandlung in eine deutsche AG würden die Mitarbeitervertreter die Hälfte der Sitze erhalten. In einer SE bleibe es bei der sogenannten Drittelparität. Unmut, vor allem auch im Gemeinderat, gab es zuletzt wegen der EU-Vorgabe, dass die Eigentümer einen Teil der Aufsichtsratsposten mit externen Vertretern besetzen mussten. Im Fall der Stadt sind dies der frühere Pharma-Manager Fritz Oesterle und der viel beschäftigte Auto-und-Fußball-Mann Dieter Hundt. Ein Kommissionssprecher erklärte jedoch auf StZ-Anfrage: Von 2014 an würden die Eigentümer wieder frei sein bei der Besetzung des Kontrollgremiums.