In Stuttgart-Hohenheim sind unlängst zwei der aggressiven Nilgänse getötet worden – zum Schutz der heimischen Flora und Fauna. Der wissenschaftliche Leiter der Hohenheimer Gärten spricht von einer Verpflichtung.

Hohenheim - Die Uni Hohenheim hat Ernst gemacht, eine Sondergenehmigung eingeholt und einen Jäger beauftragt, die Nilgänse, die sich in diesem Jahr erstmals im botanischen Garten niedergelassen haben, abzuschießen. Von ehemals vier Exemplaren habe der Jäger drei angetroffen und zwei niedergestreckt. Die dritte Nilgans habe das Weite gesucht.

 

Feinde der Biodiversität

„Es ist nicht so, dass uns der Vogel nicht gefällt“, sagt Helmut Dalitz, der wissenschaftliche Leiter der Hohenheimer Gärten. Vielmehr beruft er sich auf die EU-weit geltende Unionsliste der invasiven Arten. Sie bildet die rechtsverbindliche Grundlage zum Schutz der biologischen Vielfalt vor Arten, die nicht ins hiesige Ökosystem gehören und einheimische Lebewesen verdrängen. 49 solcher Tier- und Pflanzenarten sind gelistet, und das Titelbild der Fortschreibung dieser Liste von 2017 ziert: die Nilgans. Zudem führt der Vogel, der aus Afrika stammt, die Auflistung jener 19 Wirbeltiere an, die nach Meinung von Experten die hiesige Biodiversität bedrohen, daher mit Lebensfallen zu fangen oder zu erlegen sind. „Der Staat ist verpflichtet, die Ausbreitung einzudämmen“, so Dalitz.

Die Nilgans tritt an mehreren Stellen in Stuttgart auf und sorgt dort für mächtig Ärger. Auf dem Killesberg, im Rosensteinpark, im Schlossgarten oder am Max-Eyth-See haben sich Nil- und Kanadagänse zur Plage entwickelt, die Population nimmt zu. Zum einen ist der Kot ein hygienisches Problem, da die Tiere Wirte von Krankheitserregern sind, erklärte jüngst der Rathaussprecher Martin Thronberens. Hinzu komme das aggressive Verhalten in der Balz- und Brutzeit. Die Stadt hatte im Frühjahr gar eine Warnung vor bissigen Gänsen veröffentlicht.

Aggressive Brummer

Helmut Dalitz hat beobachtet, wie heimische Wasservögel durch die mehr als zwei Kilo schweren Brummer in Bedrängnis geraten. „Da werden schon mal Flügel angeknabbert oder Nester beraubt.“

Regina Berndt, Sachgebietsleiterin für das Jagdrecht im Stuttgarter Rathaus, bestätigt, dass die Uni Hohenheim zuvor alle anderen Möglichkeiten, die lästigen Eindringlinge zu vertreiben, ausgeschöpft habe. „Die haben das sehr ausführlich belegt“ und sichergestellt, dass bei einer Bejagung keine Gefahr für Dritte bestehe. „Da ist man sehr, sehr restriktiv“, stellt sie klar. So sei diese Ausnahmeregelung auch die bislang einzige, die auf Stuttgarter Gemarkung ausgesprochen worden sei.

Eine gewisse Zurückhaltung ist beim Leiter der Hohenheimer Gärten dennoch herauszuhören. „Natürlich gibt es eine ökologische, eine rein rechtliche Betrachtungsweise und die des Tierschutzes. Alle drei Betrachtungsweisen haben ihre Grundlage und ihre Berechtigung“, stellt er klar. Er betont allerdings, dass er zum Schutz der einheimischen Flora und Fauna vor den „Aliens“, wie er invasive Arten mitunter nennt, wieder so handeln würde. „Wenn die Situation wieder eintritt, werden wir notfalls handeln“, sagt er.