Der Sommer 2018 hat’s in sich. Jamie Cullum, Helene Fischer, die Toten Hosen und die Fantastischen Vier. Warum alle auf einmal? Die Häufung der großen Konzerte und Feste hat einen einfachen Grund.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Jump! Jamie Cullum ist pure Musik. Wie ein Flummi hüpft der begnadete Entertainer kreuz und quer über die Bühne und versetzt sein Publikum in Raserei. „Stuttgart, jump!“, ruft der Brite immer wieder. 7000 Fans springen und toben auf dem bebenden Schlossplatz mit. Eine der schönsten Sommerpartys verdankt das Herz der Stadt dem bereits zum fünften Mal bei den Jazz Open gefeierten Tausendsassa der Tasten, der mit einer nahezu übermenschlichen Energie aufgeladen ist.

 

Etwa 40 Minuten nach Konzertende fährt eine schwarze Mercedes-Limousine im Hospitalviertel vor das Ristorante La Commedia. Aus dem Fond steigt ein schwarz gekleideter Kerl aus. Nicht sehr groß ist er und würde beim Bummel in der Fußgängerzone ohne Sicherheitsleute und ohne Fahrservice kaum auffallen. Mit Klatschen empfangen die etwa 60 Gäste der After-Show-Party den 1,64 Meter großen Cullum. Der Brite, der im nächsten Jahr vierzig wird, aber deutlich jünger aussieht, strahlt und verneigt sich.

Jamie Cullum ist mit Pizza und Pasta happy

Jazz-Open-Chef Jürgen Schlensog führt ihn an den langen Esstisch. Wie in einer großen Familie wird nun getafelt und gelacht. Die körperliche Höchstleistung eines Wahnsinnskonzerts macht hungrig und durstig. Erst kommt die Pizza, dann die Pasta. Die Wirte Luigi Aracri und Piero Cuna sind vorbereitet, dem Sänger und seiner Band Fleisch und Fisch nach Wunsch zuzubereiten. Cullum ist mit Pizza und Pasta happy und erkundigt sich lieber nach einem guten Rotwein. Die Gastgeber empfehlen einen Mossone Marche von Stefano Antonucci, einen reinen Merlot (laut Katalog kostet die Flasche 57, 50 Euro). Der berühmte Gast ist begeistert. Seine Musiker bevorzugen frisch gezapftes Bier.

Der in London mit Frau und zwei Kindern lebende Jazz-Derwisch ist mit Jamie Oliver befreundet. „Er spielt Schlagzeug, ich koche gern“, sagt Cullum. Sein Album „The Pursuit“ hat er in seiner Küche aufgenommen. Der Brite kennt „etliche Musiker, die richtig gern kochen“. Dies liege wahrscheinlich daran, „dass wir oft spätabends nach Hause kommen und die einzige Alternative zum Döner das Kochen ist“.

Seine Großmutter, eine Ostpreußin, musste vor den Nazis nach Israel fliehen. Dort ist Jamies Vater geboren. Seine Mutter stammt aus Burma. In seinen Adern fließt internationales Blut. Die Vielfalt ist’s, die bereichert – auch bei seiner Musik. Eine halbe Stunde nach Mitternacht drängt der Tourmanager zum Aufbruch. Ins Hotel geht’s nicht, sondern in den Tourbus. „Wir schlafen alle drin“, sagt der Cheforganisator, „auch Jamie.“ Der Bus fährt durch die Nacht nach Regensburg, wo die Tour bei den Festspielen im Schloss Thurn und Taxis fortgesetzt wird (dann ohne den Gospelchor Stuttgart, der nur bei den Jazz Open dabei war). Zum Abschied bitten die Musiker um zwei Pizzen to go für die Busfahrer.

Astro-Alex meldet sich live aus dem All

Der Konzertsommer dreht weiter auf. Kraftwerk hat am Freitag gar Kontakt mit einem Außerirdischen aufgenommen. „Guten Abend Kraftwerk, guten Abend Stuttgart!“ So begrüßte ESA-Astronaut Alexander Gerst die Elektro-Pioniere und die 7000 Besucherinnen und Besucher des Jazz Open-Festivals auf dem Stuttgarter Schlossplatz – live von der Internationalen Raumstation ISS.

Die Häufung der Feste hat seinen Grund: Während der Fußball-WM wollten die Veranstalter nichts machen – jetzt stürzen sich alle aufs letzte Wochenende vor Ferienbeginn. Vor 65 000 Fans spielen die Toten Hosen am Samstag um 20.15 Uhr auf dem Wasen – es ist das erste Konzert nach dem Hörsturz von Campino. „Seit fünf Wochen warte ich darauf“, erklärt der Sänger, „ich habe mich selten auf ein Konzert so gefreut.“ Im Vorprogramm sind Schmutzki um 17 Uhr, Royal Republic um 17.50 Uhr und The Hives um 18.50 Uhr. Die Wetterprognosen sind nicht gut. Auch bei Regen werden die Hosen spielen. Am Tag darauf bebt die Mercedes-Benz-Arena mit Ben Zucker um 19.30 Uhr und Helene Fischer um 20.30 Uhr. Auf dem Schlossplatz starten die Fantas ebenfalls um 20.30 Uhr.

Der Sommer 2018 ist schon jetzt legendär. Das dürfte sich im nächsten Jahr kaum toppen lassen. Eines aber steht fest: Jamie Cullum kommt auch im Sommer 2019 zu den Jazz Open, wie uns dies Veranstalter Jürgen Schlensog am Freitag bestätigt hat. Offen sei nur, welche Sängerin dabei ist.

Das Publikum wird sich freuen, wenn der Brite wie ein Flummi über die Bühne hüpft und es wieder heißt: „Jump!“