Eine Schau über die zwiespältige Haltung von Thaddäus Troll alias Hans Bayer als Kriegsberichterstatter im Weltkrieg kommt nicht nach Stuttgart – die Veranstalter haben keine Einrichtung gefunden, die Platz und Interesse hätte.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Es war für ihn zeitlebens eine offene Wunde gewesen: Thaddäus Troll alias Hans Bayer hat von 1941 bis 1945 Propaganda gemacht für die Wehrmacht – er war Kriegsberichterstatter und hat beschönigend über das Kriegsgeschehen an der Ostfront berichtet. Genau mit diesem Thema beschäftigt sich eine Ausstellung der renommierten Stiftung Topografie des Terrors; die Schau war im vergangenen Jahr zum 100. Geburtstag Trolls in Berlin zu sehen und gastiert derzeit in Tübingen. Nach Stuttgart, wo Troll sein Leben lang gelebt und gewirkt hat, kommt sie dagegen nicht – alle angefragten Einrichtungen haben abgelehnt.

 

Wie Claudia Steur, die Kuratorin der Ausstellung, sagt, seien zahlreiche Einrichtungen angeschrieben worden. Die meisten hätten mit der Begründung abgewunken, dass im Jubiläumsjahr 2014 sehr viele Veranstaltungen stattgefunden hätten und die Ausstellung jetzt schlicht zu spät komme. Die Landesbibliothek hätte als einzige die Schau gerne gezeigt, doch wegen der laufenden Bauarbeiten sind die Möglichkeiten dort sehr beschränkt. Die Ausstellung benötigt 150 bis 200 Quadratmeter.

Nur im Rathaus hat man anscheinend nicht nachgefragt

Das Haus der Geschichte lehnte ab, weil dort der Raum für Sonderausstellungen immer mit eigenen Themen bespielt wird. „Wir machen prinzipiell keine Wanderausstellungen“, sagt Sprecher Joachim Rüeck. Das Rathaus sei dagegen nicht angesprochen worden, betont Sven Matis, der Sprecher der Stadt Stuttgart auf Nachfrage.

Der Vorwurf, man wolle das heikle Thema am liebsten gar nicht in Stuttgart haben, um das Ansehen Trolls nicht zu beschädigen, ist nicht haltbar. Der Journalist und Autor Jörg Bischoff hat 2014 eine Biografie Trolls vorgelegt, in der dessen Zeit als Kriegsberichterstatter ausführlich dargelegt wird; spätestens seither ist Trolls zwiespältige Haltung im Zweiten Weltkrieg kein Geheimnis mehr. Auch das Haus der Geschichte hat sich im April diesen Jahres damit beschäftigt. Die Historiker Peter Steinbach und Eberhard Jäckel – letzterer ein persönlicher Weggefährte Trolls – diskutierten bei einem Symposium über „Thaddäus Troll und Hermann Lenz – Chronisten des Umbruchs 1945“. In einer Troll-Ausstellung des Stadtmuseums Bad Cannstatt tauchte der Aspekt ebenfalls auf.

„Durchmogeln, durchmauscheln, überleben“

Jörg Bischoffs Fazit zu Hans Bayers Rolle im Krieg lautet: Troll „distanziert sich einerseits von allem militaristischen Gehabe, tut andererseits aber nichts, um seine Distanz offen erkennen zu lassen.“ Von Judenhass geprägte Bildunterschriften gehören ebenfalls zu Trolls damaliger Arbeit wie Tagebucheinträge, in denen er den „Stürmer-Ton“ verweigert. Auch die besagte Berliner Ausstellung „Hans Bayer – Kriegsberichter im Zweiten Weltkrieg“ hat diesen Tenor. Sie beleuchtet laut Flyer erstmals ausführlich „die problematische, ambivalente Situation Bayers, in der er sich einerseits bemühte, als Journalist Erfolg zu haben, andererseits sich nicht allzu sehr auf das Unrechtsregime einzulassen.“

Troll selbst hat über diese Phase seines Lebens meist geschwiegen; er litt darunter und wich Diskussionen selbst mit den eigenen Töchtern aus. In seinem selbst verfassten Nachruf im Jahr 1970 schrieb er selbstkritisch, dass er den Weg des geringsten Widerstandes gegangen sei und versucht habe, sich „durchzumogeln, durchzumauscheln, zu überleben.“

Die Ausstellung ist noch bis zum 31. Januar 2016 im Schloss Hohentübingen zu sehen. Dann kehrt sie nach Berlin zurück.