Die Förster achten bei der Auswahl der zu entfernenden Stämme stets auf mehrere Faktoren – so auch bei der aktuellen Maßnahme im Zettach- und Weidachwald zwischen Stuttgart-Möhringen und Stuttgart-Plieningen. Wir haben mit dem Leiter der Abteilung Forsten gesprochen.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen - Zwischen Möhringen, Plieningen und dem Fasanenhof befinden sich der Zettach- und der Weidachwald. Das Areal ist etwa 53 Hektar groß. Es ist ein Naturschutzgebiet. Dennoch sind dort derzeit nicht nur Vogelstimmen, sondern auch Motorsägen zu hören. Das Garten-, Friedhofs- und Forstamt lässt etwa 400 Bäume fällen. Das entspricht etwa 400 Festmeter Holz. „Das ist eine ganz normale Durchforstungsmaßnahme“, sagt Hagen Dilling. Er ist der Leiter der Abteilung Forsten.

 

Der Blick des Försters gehe immer nach oben in Richtung der Baumkronen, erklärt Dilling. Dort, wo sich die Blätterdächer berühren, entstehe ein Konkurrenzkampf. Die Bäume versuchen sozusagen, schneller und höher zu wachsen, um mehr Sonnenlicht zu bekommen. Am Ende überleben die vitalsten und durchsetzungsstärksten Bäume. Doch das Ganze hat einen Preis: Die Stämme werden immer höher und dünner. Die Folge: Die Bäume werden sturmanfälliger. „Es entstehen Stabilitätsnachteile“, sagt Dilling.

Die Eiche ist derzeit der bevorzugte Baum

Das versuche der Förster zu verhindern. „Wir nehmen den natürlichen Ausleseprozess vorweg und lenken das Wachstum“, sagt Dilling. Damit würden die Kronen tiefer bleiben und die Stämme dicker werden. Bei der Auswahl der zu fällenden Bäume spielen mehrere Komponenten eine Rolle, sagt Dilling. Da gehe es nicht in erster Linie um wirtschaftliche Interessen. „Wir achten zum Beispiel auf eine Baumvielfalt“, sagt der Abteilungsleiter. Aktuell sei in den Stuttgarter Wäldern die Buche überlegen. „Wenn wir nicht eingreifen, würde die Buche komplett dominieren. Weil wir eingreifen, macht sie nur etwa 40 Prozent des Baumbestands aus“, erklärt Dilling und ergänzt: „Wir bevorzugen aktuell die Eiche. Denn der trauen wir vor dem Hintergrund des Klimawandels mehr zu.“

Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Eiche mit dem für die Zukunft prognostizierten wärmeren Wetter besser zurechtkommt als die Buche. Es könne aber fatal sein, diesen natürlichen Ausleseprozess abzuwarten, sagt Dilling. Darüber hinaus achte der Förster bei der Auswahl der zu fällenden Bäume auch darauf, dass Habitate und naturschutzfachlich interessante Bäume erhalten bleiben, also zum Beispiel der Stamm, in dem der Specht brütet.

Zudem sichern die Waldarbeiter die großen Spazierwege. Dort schauen sie nach abgestorbenen Kronenteilen und der allgemeinen Vitalität der Bäume. Dürre Äste, die beim nächsten oder übernächsten Sturm runterbrechen könnten, kommen weg. „Sicherheit im Wald gibt es aber nicht“, betont Dilling und fügt hinzu: „Das Waldgesetz besagt, dass jeder den Wald auf eigene Gefahr betritt.“ Nicht zuletzt werden bei der Durchforstung noch einige vom Borkenkäfer befallene Fichten entfernt.

Ein Teil des Holzes bleibt erst einmal liegen

Die Baumfällarbeiten dauern planmäßig bis Mitte Januar. Danach wird das Holz gerückt, wie es im Fachjargon heißt, und am Wegrand aufgestapelt. Das soll bis Anfang Februar abgeschlossen sein. Das Holz ist verkauft. Dennoch werden einige Polter erfahrungsgemäß mehrere Monate im Wald liegen bleiben. „Das bedeutet aber nicht, dass keiner sie will“, betont Dilling. Die Firmen würden Stämme, die zu Möbeln und Ähnlichem verarbeitet werden, in der Regel sehr schnell abholen. „Das ist verderbliche Ware. Das Holz wird sonst von Pilzen und Insekten zerfressen“, sagt Dilling. Holz für die Zellstoffindustrie und Spanholzplatten hingegen bleibe lang am Wegrand liegen. „Die Firmen kalkulieren da anders. Denn in dem Holz ist Wasser enthalten, das nach und nach verdunstet. Meist bleibt das Holz etwa zehn Monate lang zum Trocknen liegen.“

Der nächste große Eingriff im Zettach- und Weichachwald ist bereits im Frühjahr geplant: Dann geht es um die Verkehrssicherungspflicht an der Plieninger Straße. Darum kommt ein sogenannter Tree Trimmer zum Einsatz. Das ist ein großes Fahrzeug mit einem langen Arm, der von der Straße aus Bäume und Äste entfernen kann. Der Vorteil: Es muss nicht die gesamte Fahrbahn gesperrt werden. Der Verkehr kann einspurig vorbeigeführt werden.

Im Herbst- und Winterhalbjahr 2018/2019 werden dann morsche Äste entlang der Bahntrasse entfernt, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. „Weil das mit den Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) abgestimmt werden muss, ist das eine aufwendige Maßnahme, die eine lange Vorbereitungszeit braucht“, so Dilling. Die nächste Durchforstung der gesamten Fläche stehe in vier bis sechs Jahren wieder an.