Der Industriestandort Synergiepark in ist attraktiv, aber Staus mindern seine Anziehungskraft. Die Unternehmen fühlen sich von der Stadt im Stich gelassen. Jetzt geben sie dem Amtsschimmel Sporen.

Möhringen/Vaihingen - Von der Industrie im Synergiepark gibt es zur Verkehrsbelastung klare Worte. „Hier arbeiten jetzt ungefähr 20 000 Menschen. Die Stadt will in den kommenden Jahren 20 000 weitere Arbeitsplätze schaffen. So lange es aber keine Lösung für die gegenwärtigen Verkehrsprobleme gibt, ist das verantwortungslos und eine Frechheit“, sagt Josef Holz, Geschäftsführer der Firma Lapp. Verkehrsprobleme gebe es seit gut und gerne zehn Jahren. Der weltweit tätige Kabelhersteller, der vor Kurzem die Umsatzmarke von einer Milliarde Euro überschritten hat, hatte vor rund drei Jahren seine Europazentrale im Synergiepark eingeweiht. „Lapp ist ein Familienunternehmen, das dem Standort treu ist. Ohne diese Einstellung hätte es die Europazentrale im Synergiepark vielleicht nicht gegeben“, sagt Holz. Das Industrie- und Gewerbegebiet sei eine attraktive Adresse, die so langsam aber ihre Anziehungskraft verliere.

 

Firma verliert Mitarbeiter, weil diese nicht mehr täglich im Stau stehen wollen

In den vergangenen vier Jahren, sagt der Geschäftsführer, habe die Firma viele Stamm-Mitarbeiter verloren: „Sie wollten nicht auf dem Weg zur Arbeit und dann nach Hause fast täglich im Stau stehen.“ Auch Interessenten für eine Arbeitsstelle bei Lapp hätten in den vergangenen zwölf bis 15 Monaten im letzten Moment einen Rückzieher gemacht. Die Arbeitnehmer seien heutzutage anspruchsvoll und könnten sich attraktive Arbeitsplätze aussuchen.

Die täglichen Staus stellen auch die Firmenlogistik vor große Herausforderungen. „Glücklicherweise haben wir unsere Zentrallogistik nicht im Synergiepark, sondern in Ludwigsburg, denn sonst gäbe es hier weit mehr als 100 Lastwagenfahrten mit großen Sattelschleppern aus ganz Europa“, sagt Holz. Die schweren Teile lagerten alle in Ludwigsburg, die Kleinteile seien aber noch im Synergiepark. „Für die Lieferungen müssen Kleinteile nach Ludwigsburg. Für die Fahrt dorthin muss unser Logistiker wegen der unkalkulierbaren Fahrtzeit einen großen Puffer einbauen“, sagt Holz. Wenn wie so oft die Autobahn zum Leonberger Kreuz durch einen Stau verstopft sei, dann würden die Lastwagen eben durch Stuttgart fahren: „Damit ist die Verkehrsbelastung nicht mehr nur ein Thema für den Synergiepark, sondern fürs gesamte Stadtgebiet und darüber hinaus.“ Außerdem hätten es viele Kunden mit der Lieferung eilig: „Dann muss die Lieferung zum Flughafen. Auch auf diesem Weg sind die Staus programmiert.“

Von der Verwaltung fühlen sich die Firmen im Stich gelassen: „Die Planung kommt einfach nicht in die Pötte“, sagt Josef Holz. „Damit Bewegung in die Angelegenheit kommt, haben wir uns mit Dekra, Trelleborg und Scharr, aber auch mit kleineren Firmen im Synergiepark zu einer Initiative zusammengeschlossen. Im Herbst ist die Vereinsgründung. Wir wollen die Politik und die Verwaltung aufrütteln, damit sich bald etwas tut.“

Notfalls aus der Behelfsausfahrt von der Autobahn eine richtige Ausfahrt machen

Die Firmen in der Initiative hätten, sagt Holz, Mitarbeiterbefragungen nach dem Wohnort gemacht. Danach kommen einzelne aus dem Nordschwarzwald, Pforzheim oder Moosbach, die meisten aber aus der Region Stuttgart und dem Raum Tübingen, Reutlingen und Metzingen. „Die Firma Lapp hat für ihre Mitarbeiter viele Plätze für Fahrräder und E-Bikes und Pedelecs nebst Duschen zur Verfügung gestellt“, sagt Holz. Dieses Angebot werde nicht gut angenommen, weil die Anfahrt für die Mitarbeiter zu weit sei. Auch die Arbeit von Zuhause aus, die durch IT-Netze möglich ist und den Weg zur Arbeit spart, sei im Unternehmen schon üblich: „Vor allem montags und freitags, wenn die schlimmsten Staus programmiert sind, wird sehr gerne auch von Führungskräften darauf zurückgegriffen.“ Fest stehe allerdings, dass das sogenannte Homeoffice nur eingeschränkt möglich sei: „Während der Geschäftszeit muss schließlich jemand in der Firma sein.“

Die Lösung der Verkehrsproblematik sei schwierig und nicht nur mit der Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs zu lösen. Ob es wünschenswert sei oder nicht, sagt Holz, man müsse auch dem Individualverkehr Raum lassen. „Wenn die Allianz in den Synergiepark kommt, dann sollte man darüber nachdenken, wie man die Behelfsausfahrt auf die Autobahn für den allgemeinen Verkehr öffnet. Das muss halt vernünftig erschlossen werden“, sagt Holz. Auch über den Ausbau der Nord-Süd-Straße mit mehr Spuren und ein großes Parkhaus bei der S-Bahn in Dürrlewang müsse man nachdenken. Für die Qualität des Aufenthalts im Synergiepark müsse ein Platz gefunden werden, an dem die Beschäftigten Artikel des täglichen Bedarfs kaufen und zum Einkehren, vielleicht eine Gartenwirtschaft, finden könnten. „Wenn wir uns mit der Verwaltung auf einen Plan einigen, können wir darüber nachdenken, welche Flächen und wie viel Geld wir zur Verfügung stellen, damit alles verwirklicht werden kann“, sagt Josef Holz.