Mit dem Ausbau des Ganztagsbetriebs brauchen die Schulen ihre Klassenzimmer bis in den späten Nachmittag. Das hat Engpässe für die städtische Musikschule und für Vereine zur Folge. Doch das ist nicht das einzige Problem.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen/Vaihingen - wDie Kunst braucht Raum und Muße. Doch es fehlt an beidem. Ein Grund ist der Ausbau der Ganztagsschulen, denn die brauchen ihre Klassenzimmer bis in den späten Nachmittag hinein. So zum Beispiel die Riedseeschule. Der Musikverein Möhringen kann die dortigen Räume mit Beginn des Schuljahres zwar weiterhin nutzen, aber erst von 17 Uhr an. Auf der Suche nach einem Ausweichquartier klopfte der Jugendleiter Eberhard Wojzich bei der städtischen Musikschule an. Aber bei der ist die Situation nicht besser.

 

„Wir nutzen im Moment zwei Räume im Spitalhof. Täglich sind beide belegt. Und an jeweils zwei Tagen nutzen wir Räume im Bürgerhaus und in der Riedseeschule“, erklärt Katharina Künstler, die für die Musikschule in den Stadtbezirken Vaihingen und Möhringen verantwortlich ist. Auch die städtische Musikschule hatte Nachricht von der Riedseeschule bekommen, dass sie die Klassenzimmer künftig eventuell nicht mehr nutzen könne. „Bisher dürfen wir jedoch noch bleiben, wir hätten sonst auch große Schwierigkeiten bekommen, einen Ersatz zu finden“, sagt Künstler. Denn zusätzliche Räume im Spitalhof gebe es nicht. „Im Notfall hätte uns das Heimatmuseum vorübergehend seinen Raum zur Verfügung gestellt“, sagt Künstler und ergänzt: „Das wäre aber keine wirkliche Lösung gewesen, weil der Raum ja Ausstellungsraum ist.“

Musikschule hofft auf Neubau am Möhringer Bahnhof

Aus Künstlers Sicht sind die drei verschiedenen Unterrichtsorte in Möhringen alles andere als ideal. Es erschwere die Zusammenarbeit der Kollegen. Zudem seien die Räume im Bürgerhaus und in den Schulen nicht für die Bedürfnisse einer Musikschule ausgelegt. Künstler nennt die akustischen Verhältnisse und die Ausstattung als Beispiele. Darüber hinaus sei die Nutzung zeitlich begrenzt. Einer der Räume im Spitalhof diene gleichzeitig auch als Fluchtweg und müsse deswegen immer offen stehen. „Auch nicht ideal“, sagt die Leiterin der Musikschule.

Sie hofft auf die Zukunft. Denn am Möhringer Bahnhof soll ein Neubau entstehen. Dort werden dann auch Räume für die Musikschule untergebracht, so der Plan. Das Kulturamt habe die Anmietung der Räume bereits genehmigt. „Räume am Bahnhof wären für uns ideal. Die öffentliche Anbindung wäre perfekt. Und in einem Neubau werden die akustischen und sonstigen Verhältnisse hoffentlich den Bedürfnissen von Musikunterricht angepasst“, sagt Künstler und fügt hinzu: „ Mit eigenen Räumlichkeiten hätten wir natürlich viel mehr Möglichkeiten, und die Bücherei könnte im Spitalhof die beiden Räume für sich nutzen, dort sind die Verhältnisse auch sehr beengt.“

Lediglich in Rohr ist die Raumsituation komfortabel

Was den Nachbarstadtbezirk Vaihingen betrifft, hofft Künstler auf den Schulcampus an der Krehlstraße. Denn in dem geplanten Gemeinschaftsgebäude könnte auch die Musikschule ein neues Zuhause finden. Eigentlich sind Künstler und ihre Kollegen im Bürgerforum beheimatet. Doch von den ursprünglich acht versprochenen Räumen wurden letztlich nur vier realisiert. Das ist zu wenig. Die Folge ist, dass sogar im Büro Unterricht stattfindet. Zudem nutzt die Musikschule einen Raum in der Österfeldschule. Dem seien aber lange Verhandlungen vorausgegangenen, sagt Künstler. Darüber hinaus ist die Musikschule „vorübergehend und ausnahmsweise“ im Fanny-Leicht-Gymnasium untergekommen. Die Schule ist das Ausweichquartier für das Gemeindehaus Christus König, das derzeit renoviert wird. „In vielen Räumen sind wir nur Gast. Das ist oft schwierig – auch, weil wir jederzeit rausfliegen können“, so Künstlers Fazit.

Lediglich im Stadtteil Rohr ist die Situation komfortabel. Dort hat die städtische Musikschule zwei Räume und nutzt zusätzlich ein Vereinszimmer. Die Ganztagsschule betrifft die Musikschule aber auch noch in anderer Hinsicht. „Das Zeitfenster der Kinder wird immer kleiner. Viele Eltern erhoffen sich Unterricht nach 16.30 oder freitags und sogar am Wochenende. Da sind die Möglichkeiten natürlich sehr begrenzt“, sagt Künstler. Zudem seien die Kinder nach einem langen Schultag müde und dadurch unkonzentriert. „Um ein Instrument zu lernen, braucht man Zeit und Muße. Das sollte nicht der letzte Tagesordnungspunkt vor dem Schlafengehen sein“, sagt die Leiterin der Musikschule auf der Filderebene.

Für manche Instrumente gibt es lange Wartelisten

Das eingeschränkte Zeitfenster der Kinder habe auch zur Folge, dass die Musikschule unabhängig von fehlenden Räumen und Deputatsstunden Mädchen und Jungen häufig nicht sofort den gewünschten Instrumentalunterricht anbieten könne und die Schüler zunächst auf eine Warteliste setzen müsse. Die Nachfrage sei aber dennoch ungebrochen.

So ist es auch beim Musikverein Möhringen. Eberhard Wojzich hat 70 Schüler, die von acht Lehrern unterrichtet werden. Für den Moment musste er noch keinem Kind absagen. Denn der Verein hat in der Heilbrunnenschule ein Ausweichquartier für die an der Riedseeschule nur noch eingeschränkt nutzbaren Räume gefunden.