In der Lenzhalde in Stuttgart-Nord gibt es jetzt weder einen Rad- noch Radschutzstreifen. Bei der Abstimmung standen sich die Bezirksbeiräte selbst im Weg.

Stuttgart - Die Vorwürfe der Bezirksbeiräte, dass die Mühlen der Verwaltung langsam mahlen (wir berichteten), trifft in diesem Fall nicht zu. Im März hatte der Bezirksbeirat Stuttgart-Nord gefordert, dass in der Lenzhalde auf 250 Metern ein durchgezogener Rad- oder ein durchbrochener Radschutzstreifen eingezeichnet werden soll. Dass eine der Varianten umgesetzt werden wird, galt als beschlossene Sache. Seither waren die Vertreter des zuständigen Stadtplanungsamts dreimal im Bezirksbeirat und stellten beide Varianten vor: Die große Lösung: den durchgezogenen Radstreifen, der nicht vom übrigen Verkehr überfahren werden darf. Und die kleine Lösung: eine durchbrochene Linie, die überfahren werden darf. Beide Spuren sollten 250 Meter hoch zur Robert-Bosch-Straße führen. Bei der kleinen Lösung wären fünf, bei der großen Lösung 40 Parkplätze weggefallen. Um Klarheit darüber zu bekommen, welche Variante die geeignetere ist, wurden die Anwohner befragt, und es wurde sogar eine Verkehrszählung anberaumt. Doch das alles war vergebliche Mühe.

 

Patt-Situation im Beirat

Die Abstimmung über die beiden Varianten im Bezirksbeirat ist ausgegangen wie das Hornberger Schießen: Das Gremium hat sein Pulver verschossen, ohne irgendetwas zu erreichen. Abgestimmt wurde zunächst über die große Lösung: Sieben Beirätinnen und Beiräte (Grüne, „die Fraktion“ und Puls) stimmten dafür, genau so viele dagegen. Patt-Situation! Abgelehnt!

Da der Beirat bereits im März gefordert hatte, dass entweder ein Rad- oder ein Radschutzstreifen den Radfahrern mehr Sicherheit garantieren soll, galt es als sicher, dass es bei der zweiten Abstimmung eine Mehrheit für die von CDU, FDP, Freien Wähler und SPD favorisierte kleine Lösung gibt. Doch die Situation wiederholte sich: Sieben sind dafür, sieben dagegen. Wieder Patt. Damit ist auch die kleine Lösung vom Tisch. Und die Radler gucken in die Röhre.

Ralph Wöhrle (Grüne), der mit seiner Fraktion für die große und gegen die kleine Lösung gestimmt hat, argumentiert im Nachklapp: „Eine gestrichelte Linie bringt kaum mehr Schutz als keine Linie. Die Radfahrverbände lehnen das ab. Entweder wir holen die mit ins Boot, oder wir lassen es ganz bleiben.“ Der Grünen-Politiker setzt auf die Zukunft, um doch noch den durchgezogenen Radstreifen zu bekommen.

Die CDU ist nach eigenen Worten „erschüttert“ über den Ausgang der Abstimmung. Timo Haug: „Wir waren von Anfang an für die kleine Lösung. Wir haben nie und nimmer damit gerechnet, dass die Grünen die ablehnen, falls die große Lösung keine Mehrheit bekommt.“ Haug erinnert sich an eine Probeabstimmung, bei der es Einstimmigkeit für den Schutzstreifen gab, falls es mit dem Radstreifen nichts wird. Er fürchtet, dass der Istzustand nun für lange Zeit zementiert ist.

Das Nachsehen haben die Radfahrer

Anna Kedziora von den Freien Wählern übernimmt die Argumentation von Wöhrle nicht und geht davon aus, dass die Grünen die Konsequenzen ihres Vetos nicht bedacht haben und ihre Abstimmung jetzt rechtfertigen. „Keiner hat die Situation überblickt“, ist sie überzeugt. Von Bezirksvorsteherin Sabine Mezger hätte sie erwartet, dass sie das Gremium über die Konsequenz aufklärt. Außerdem, sagt sie, habe niemand auf der Rechnung gehabt, dass das Gremium mit dem AfD-Mann Martin Gaser seit Wochenbeginn 14 statt 13 Mitglieder hat und Patt-Situationen dadurch häufiger als früher auftreten werden. Gaser hatte gegen die große und für die kleine Lösung gestimmt. Ohne sein Votum hätte es eine Mehrheit für die große Lösung gegeben. Jetzt ist die Enttäuschung im Bezirksbeirat groß. Und das Nachsehen haben die Radfahrer. Allerdings kann in sechs Monaten der Antrag neu gestellt werden. Oder er geht gleich an die Fraktionen im Gemeinderat.