Weil Urlauber, die zum Flughafen wollen, und Messegäste kreuz und quer parken, rufen die Bürger in Stuttgart-Plieningen immer öfter Polizei, Ordnungsamt oder den Abschleppdienst an. Sie wollen, dass bald nur noch Anwohner kostenfrei parken dürfen. Aber das ist nicht so einfach umzusetzen.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Plieningen - Es ist ein Nachmittag in den Sommerferien zu einer Uhrzeit, zu der ein Großteil der Plieninger noch bei der Arbeit sein dürfte – oder im Urlaub. Trotzdem ist rund um die Köpfertstraße, die Fraubronnstraße und den Hermann-Mögle-Weg alles zugeparkt: Einer hat sein Auto auf dem Grünstreifen vor seinem Haus abgestellt, weil er keinen Platz mehr gefunden hat. Bis zum Abend wird es noch voller werden, wissen die Anwohner. Sie reichen Fotos herum, die zeigen, wie Autos teilweise wider jede Regel abgestellt werden. Und sie alle können von Erfahrungen erzählen, die sie mit den Menschen gemacht haben, die ihre Fahrzeuge bei ihnen vor der Tür abstellen: Messegäste, Messemitarbeiter, Flughafenmitarbeiter und die sogenannten Mallorca-Parker, also Fluggäste.

 

Die Wildparkerei hat einen Grund: Vom südlichsten Rand Plieningens ist es nicht weit bis zum Flughafen und zur Messe. Die Buslinie 122 hält beispielsweise an der Haltestelle „Im Köpfert“ an der Ecke Echterdinger Straße/Köpferstraße. Von dort sind es nur sechs Minuten Fahrt, das Busticket kostet 1,40 Euro. Wer in Plieningen sein Auto abstellt und den kurzen Weg zum Flughafen mit dem Bus fährt, kommt deutlich billiger weg, als wenn er im Flughafen-Parkhaus parkt. Auch mit dem Taxi von Plieningen bis zum Flughafen zahlt man nur etwas mehr als zehn Euro. Und komfortabler ist es sowieso, als den kompletten Weg mit Bahn und Bus zu fahren.

Offenbar spricht sich das geschickte Parken herum

„Die typische Haltung bei uns geht so“, sagt die Anwohnerin Bea Kraus und macht vor, wie die Urlauber in der einen Hand ihr Smartphone halten und mit der anderen Hand ihren Koffer hinter sich herziehen. Sie und ihre Nachbarn teilen den Eindruck, dass die Zahl der Menschen, die nicht in Plieningen wohnen, aber dort parken, im vergangenen Jahr enorm zugelegt habe. Die Anwohner glauben, dass es sich immer mehr herumspreche, dass man bei ihnen geschickt und kostenfrei parken könne.

Lesen Sie hier: So viel kostet Parken am Airport

Bisher haben die Anwohner keine Handhabe, solange die Auswärtigen regelkonform parken. Plieningen hat kein sogenanntes Parkraummanagement, das heißt: Jeder darf kostenfrei dort parken, es sei denn spezielle Schilder oder Straßenmarkierungen zeigen das Gegenteil an. Für die Anwohner ist das ärgerlich.

Peter Krempler etwa kommt meist erst spätnachts von der Arbeit nach Hause. Einen regulären Parkplatz findet er fast nie, selbst wenn er mehrere Runden im Karree fährt: „Meist parke ich dann irgendwo, wo ich es eigentlich nicht darf. Ich habe keine andere Chance.“

Die Parkenden reagieren mit Beleidigungen oder Ignoranz

Zugleich gehen die Anwohner umso strikter gegen die Auswärtigen vor, die die Regeln nicht beachten: Wenn wieder mal Menschen auf Grünstreifen parken, auf Gehwegen, in Kurven oder so, dass Müllautos, Krankenwagen oder Lastwagen nicht mehr durchkommen, rufen sie bei der Polizei, dem Amt für öffentliche Ordnung oder direkt beim Abschleppdienst an. „Erst vor ein paar Tagen wurde unser Müll wieder mal nicht abtransportiert, weil das Müllfahrzeug nicht durchkam“, sagt Bea Kraus. „Die Abfallwirtschaft hängt dann einen Zettel an das jeweilige Auto – aber die Urlauber oder Messegäste interessiert das natürlich nicht, ob unser Müll abgeholt wurde.“ Wenn die Anwohner die Parkenden direkt ansprechen, trifft das auf Beleidigungen oder Ignoranz, erzählen sie.

Generell haben die Plieninger die Erfahrung gemacht, dass ihr Leid niemand so recht zu interessieren scheint. „Bei der Bürgerversammlung im Mai hat uns der Ordnungsbürgermeister Martin Schairer versprochen, dass die Kontrollen verstärkt werden. Davon merken wir wenig“, sagt Hero Marggrander. Er war schon mehrfach im Kontakt mit dem Amt für öffentliche Ordnung und hat Mitarbeiter auch zu sich eingeladen. „Ich habe den Eindruck, dass man uns nicht ernst nimmt, weil wir nicht in der Innenstadt sind – oder dort das Parkproblem ja wohl noch größer ist.“

Es drohen Verschlimmerungen

Allerdings könnte das Problem auch in Plieningen wachsen: Voraussichtlich zum Wintersemester 2019/2020 soll die Uni Hohenheim ein Parkraummanagement bekommen. Da aber freilich nicht alle Studierende, Dozenten und Mitarbeiter der Uni freiwillig Tag für Tag für ihr geparktes Auto bezahlen wollen, werden diese vermutlich etwas weiter nach Plieningen und Birkach ausweichen und dort ihre Fahrzeuge parken. Weiteres Ungemach droht, wenn die Buslinie 65 bald von Plieningen aus zum Flughafen fahren wird.

Die Anwohner wünschen sich, dass Plieningen baldmöglichst ein Parkraummanagement bekommt, so wie es in der Innenstadt und in Bad Cannstatt die Regel ist. „Auch wenn wir Anwohner uns dann einen Jahresparkausweis für 30,70 Euro holen müssen und unsere Besucher bezahlen müssen – Hauptsache, die Verkehrssituation bei uns entspannt sich endlich“, sagen sie. Doch selbst wenn ein Parkraummanagement genehmigt werden sollte, wird es noch dauern, bis dieses in Kraft tritt. Die Stadt will nicht tätig werden, bevor die Uni Hohenheim ihr Parkkonzept umgesetzt hat. Dazu kommt, dass im aktuellen Haushalt kein Geld für eine entsprechende Prüfung vorgesehen ist.