Stuttgarterinnen und Stuttgarter sollen Vorschläge für mehr Klimaschutz erarbeiten. CDU und die Fraktion Puls plädieren für eine Klimaanleihe, die die BW-Bank auflegen soll.

Stuttgart - In der Landeshauptstadt soll ein Rat von repräsentativ ausgewählten, per Los ermittelten Bürgerinnen und Bürgern 2022 Vorschläge zum Klimaschutz erarbeiten. Der Gemeinderat hat am Donnerstag in der Liederhalle das Verfahren dazu in Gang gesetzt. Er billigte einen Einwohnerantrag für den Klimarat. Der Antrag war im Juni bei der Stadt eingereicht worden, hatte zunächst aber weniger als die erforderlichen 2500 Unterstützungsunterschriften. Die Initiatoren lieferten Anfang Oktober nach.

 

Am 16. Dezember sollen sie vor dem Gemeinderat sprechen. Man wolle 50 bis 60 Teilnehmer für den Klimarat berufen, sagte OB Frank Nopper (CDU). Das neue Gremium solle vor den Sommerferien 2022 seine Arbeit aufnehmen und bis Jahresende Vorschläge machen. Man brauche für Klimamaßnahmen „die gesellschaftliche Akzeptanz breiter Schichten“.

In Stuttgart hat Noppers Vorgänger Fritz Kuhn (Grüne) mit dem Aktionsprogramm „Weltklima in Not – Stuttgart handelt“ Ende 2019 ein 200-Millionen-Euro-Paket durch den Gemeinderat gebracht. Mit dem Geld wurden verschiedene Töpfe gefüllt, aus denen Förderungen zum Beispiel für den Aufbau von Fotovoltaikanlagen, emissionsfreie Busse bis hin zum autofreien Sonntag fließen.

Stuttgart hinkt bei Zielen hinterher

Die Ziele des Klima-Aktionsprogramms muten aus heutiger Sicht gebremst ambitioniert an. Der Kohlendioxidausstoß solle bis 2050 gegenüber 1990 um 95 Prozent reduziert werden, heißt es darin. Bund und Land haben in ihren Klimaschutzgesetzen inzwischen, teils auf Druck einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, neue Ziele festgelegt.

Der Bund nennt 2045, das Land 2040 als das Jahr, in dem beim Ausstoß von Treibhausgasen die Netto-Null erreicht werden soll, bis 2030 soll ein größerer Zwischenschritt geschafft sein. In Stuttgart will der Rat 2022 über eine neue Festlegung sprechen. Zu spät, findet Linksbündnis-Chef Hannes Rockenbauch, der die Debatte vor den aktuellen Beratungen zum Doppelhaushalt 2022/23 führen wollte. Korrekturen am Zahlenwerk sind immer schwierig.

Der Einwohnerantrag fordert, dass die Landeshauptstadt Tempo aufnehmen müsse. Stuttgart habe sein Potenzial „für die Abwendung eines gefährlichen Klimawandels noch lange nicht ausgeschöpft“, heißt es. Mit Vertrauen in die Bürgerinnen und Bürger könne die Stadt „ausgetretene Pfade verlassen“. Alle Fraktionen im Gemeinderat stimmten für den Klima-Bürgerrat, alle außer der AfD hatten ihn in einem Antrag Ende Juni gefordert. Man stimme zu, sei aber skeptisch, sagte Frank Ebel für die AfD.

Repräsentativität im Klimarat umfasse auch Menschen, die den Klimawandel leugneten, hatte Christoph Ozasek (Puls) zuvor gesagt. Klar ist, dass der Rat das letzte Wort haben wird, die Bürgerinnen und Bürger sollen Empfehlungen abgeben. Der Gemeinderat wird entscheiden und die Umsetzung oder Nichtumsetzung der Empfehlungen begründen.

200 Millionen sind 2024 aufgebraucht

Kuhns Klima-Aktionsprogramm soll bis 2024 laufen, dann wären die Fördertöpfe voraussichtlich geleert. Christdemokraten und die Fraktion Puls wollen, dass Klimaschutz nicht vom Zustand der Haushaltskasse abhängig ist. Sie fordern eine Klimaanleihe. Die Stadt darf sie nicht auflegen, die Landesbank oder deren Tochter BW-Bank könnten dies aber tun und mit einem Zinsversprechen Geld einsammeln und dieses günstig weiterreichen. „Es gibt Menschen, die Vermögen haben und keine Zinsen erhalten oder Negativzinsen zahlen, sie könnten Geld einbringen“, so Ozasek.

Wenn darauf 0,25 oder 0,5 Prozent Zinsen gegeben würden und die BW-Bank das Geld zum gleichen Satz als Kredit für Ökoprojekte mit Klimaeffekt vergebe, sei das ein Gewinn für alle. Die CDU hatte eine deutlich höhere Verzinsung im Sinn. Beide Fraktionen haben die Stadtverwaltung in dieser Woche daran erinnert, dass sie schon im Frühjahr 2020 über die Prüfung der Idee berichten wollte. Das steht bis heute aus.