Nachdem die Stadt ein Landschaftsschutzgebiet in Stuttgart-Heumaden unter die Lupe genommen hat, mussten und müssen etliche Aufbauten in Gärten entfernt werden. Nun hat es auch eine Sitzbank an einem Spazierweg getroffen. Warum das viele Leute besonders aufregt.

Heumaden - Es ist nur ein Blatt Papier an einem Zaun. Aber viele Heumadener macht es richtig sauer. Dieses Papier hängt am Spazierweg, der parallel zur Straße Hölzleswiesen durchs Grüne führt, entlang der Gärten im Landschaftsschutzgebiet. „Unser Sitzbänkle musste leider auf Anordnung der Stadt Stuttgart (Amt für Umweltschutz) entfernt werden“, liest man dort. Wolfgang Süßer hat das Blatt an seinen Gartenzaun gepinnt. „Seit es hängt, komme ich gar nicht mehr zum Arbeiten“, sagt er.

 

Freizeitbauten laufen dem Schutzzweck zuwider

Für etliche Heumadener, die in dem Gebiet gern spazieren gehen, ist das nun verschwundene Bänkle der Gipfel eines Streits, der in dem Gebiet seit Monaten schwelt. Das Amt für Umweltschutz hatte seit Mitte 2018 das Landschaftsschutzgebiet Heumaden-Ost unter die Lupe genommen und einiges zu beanstanden gehabt. Viele Gärtner hatten in den Jahrzehnten ihre Grundstücke mit Gewächshäusern, Hütten oder Terrassen bebaut – oft unerlaubt. Das Amt beruft sich auf Verordnungen, die von den 2000er-Jahren bis 1961 zurück reichen und hat die Heumadener aufgefordert, unerwünschte Veränderungen rückgängig zu machen. Die Ziele seien unter anderem der Erhalt der Landschaft sowie der Schutz der Tiere und Pflanzen, teilt Martin Thronberens, ein Sprecher der Verwaltung, mit. „Die Schaffung beziehungsweise der Bestand zahlreicher Freizeitbauten und sonstige Veränderungen läuft in vielen Fällen den Schutzzwecken der Gebiete zuwider.“

Auch Wolfgang Süßer hat es erwischt. Unterhalb des Mehrfamilienhauses, in dem er mit seiner Familie wohnt, hat er seit 2011 ein Gartenstück gepachtet, und von dem musste er einen Sandkasten entfernen sowie ein Spielhäuschen. An seinem Schuppen muss er zudem die Fenster zunageln oder mit Läden ausstatten. Fenster seien nicht genehmigungsfähig, hat er erfahren. „Ich habe in einem bestimmten Maß Verständnis, es gibt auch Fehlentwicklungen“, betont er – und es folgt ein Aber. Denn dass sogar das bunt lackierte Bänkle außerhalb des eingezäunten Grundstücks wegmusste, das fuchst ihn fast am meisten und seine Nachbarn ebenfalls. „Der Ärger ist groß“, sagt er.

Betroffen sind vor allem ältere Menschen

Der Knackpunkt: Auf der Sitzgelegenheit hätte sich viele Senioren ausgeruht. „Hier spazieren viele alte Leute, aber es gibt nirgends eine Bank“, weiß Wolfgang Süßer. Sein Angebot sei daher gern angenommen worden. „Ein Paar hat mir mal gesagt, dass es hier endlich wieder gehen kann, weil es sich zwischendurch setzen kann.“ Sein Nachbar Wolfgang Schürmann – er musste in seinem Garten eine Hütte verkleinern, außerdem Möbel und Bodenplatten entfernen – findet das Bänkle-Verbot grotesk. Immerhin habe der Platz doch der Allgemeinheit gedient.

In Stuttgart stehen knapp 6500 Hektar in 27 Gebieten unter Landschaftsschutz. Überprüft werden sie regelmäßig. In Heumaden hat die Verwaltung in 150 Fällen Missstände festgestellt und Aufforderungsschreiben verschickt, erklärt der Stadt-Sprecher Martin Thronberens. Dabei geht es sowohl um Umwelt- als auch um baurechtliche Belange, etwa bei ungenehmigten und auch nicht genehmigungsfähigen Bauten. „Etwa ein Fünftel der Fälle aus dem Schwerpunktbereich Heumaden-Ost wurden bereits positiv abgeschlossen“, geforderte Maßnahmen seien umgesetzt worden. In mehr als der Hälfte der Fälle verlaufe die Zusammenarbeit mit den Gärtnern konstruktiv. Das heißt aber auch: In anderen Fällen eben nicht. Wolfgang Schürmann sagt: „Die haben Ärger ohne Ende hier.“