Das Theater Rampe feiert morgen mit „Haus der Antikörper“ eine Premiere unter Pandemie-Bedingungen. Ein filmisches Double-Feature mit Tanz und Musik von Backsteinhaus und Marie Bues ersetzt die leibhaftige Performance auf der Bühne.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-Süd - Sie sind wieder da: Am morgigen Samstag feiert das Theater Rampe seine erste Premiere nach dem Lockdown – termingerecht aber anders als geplant. „Haus der Antikörper“ ist ein Double-Feature aus zwei Filmen, die sich das Premierenpublikum daheim anschaut. Nicht nur formal, auch inhaltlich hat die Pandemie auf die Inszenierung eingewirkt. Wie man unter Wirtschaftsexperten, Zukunftsforschern, Politikern und Intellektuellen derzeit optimistische und pessimistische Stimmen vernimmt, so trifft man auch in „Haus der Antikörper“ auf zwei Fraktionen. Für die eine bietet Corona die Chance, die Welt hinterher neu zu justieren und die Verhältnisse umwelt-, tier- und menschfreundlicher zu gestalten. Für die andere ist die Krise der Brandbeschleuniger für bestehende Konflikte.

 

Nichts geht über den persönlichen Kontakt

Der Tanz- und Konzertfilm von Backsteinhaus und Marie Bues in „Haus der Antikörper“ bietet von beidem etwas, doch vom Guten deutlich mehr: Die Protagonisten lassen sich „erleichtert ein, wenn es krankmachende Normen und Gewohnheiten zersetzt. Dieses Virus bringt dem Organismus (...) Heilung“, heißt es im Programm. Aus gegenseitiger Ansteckung, Immunisierung und Heilung entstehe „das Modell einer eigensinnigen, widerständigen und stolzen Gemeinschaft“.

Aus Sicht von Rampe-Intendantin Martina Grohmann ist die Epidemie indes überwiegend grausig – auch wenn man die Zeit genutzt habe, um die Besuchertoiletten zu renovieren, und man wohl auch künftig mit auswärtigen Kollegen per Video konferieren werde. „Aber ich vermisse schmerzlich den Kontakt zum Publikum! Es fehlt die Unmittelbarkeit, die Theater ausmacht!“ Dabei war das Haus nie völlig weg vom Fenster. Es gab Online-Angebote, und das Radio Rampe sendet weiterhin. „Wir wollten den Kontakt mit dem Publikum halten“, sagt Grohmann, was auch halbwegs gelungen sei, wie die Klickzahlen belegten. Problematisch sei aber der fehlende direkte, inspirierende, kreative Austausch im Haus.

Krise verpasst Theater Denkanstöße

Die Rampe hat während des Lockdowns neue zivilgesellschaftliche Verbindungen etwa zum „Krisenbündnis“ gesucht. Das empfindet das Ensemble als wichtige Bereicherung, denn es liebt, vor die Tür zu gehen, um im öffentlichen Raum seine Rollen zu spielen. Grohmann berichtet auch von anderen künstlerischen Sparten, mit denen man nun versuche, eine Art Lobby auf die Beine zu stellen. Wie bitter nötig das sei, habe die Krise gezeigt. Viele Kulturschaffende bangen um ihre Existenz. Die Rampe selbst hat Glück, sie lebt von institutionellen Förderungen. „Aber wir arbeiten oft mit freien Gruppen zusammen, und da ist die Situation prekär“, sagt Grohmann. Doch habe die Krise dem Theater auch Denkanstöße beschert. So wolle man verstärkt die digitale Bühne betreten, sich den öffentlichen digitalen Raum erschließen. „Wir müssen hier noch Strategien entwickeln, die Echoräume der Menschen zu durchkreuzen.“