Karitativ oder kommerziell? Wer seine ausrangierte Kleidung einem guten Zweck spenden will, sollte genau hinsehen, in welchen Sammelcontainer er die Sachen steckt.

Untertürkheim - Wer abgetragene Kleider, ausrangierte Schuhe, alte Taschen und nicht mehr benötigte Textilien loswerden, aber nicht in den Müll werfen möchte, für den sind Altkleidercontainer sicher die erste Wahl. Doch wem kommen die Sachen eigentlich zugute? Das Geschäft mit gebrauchter Kleidung ist ziemlich unübersichtlich – und hart umkämpft.

 

Kein Wunder: Mit Altkleidern werden jedes Jahr allein in Deutschland Milliarden umgesetzt. Ungefähr eine Million Tonnen Altkleider werden jährlich in Container oder Sammlungen gegeben. Diese Menge füllt 62 000 Lastwagen. Würde man diese aneinanderreihen, ergäbe das eine Fahrzeugschlange von Flensburg bis Innsbruck. Das hat der Dachverband Fairwertung, ein Zusammenschluss gemeinnütziger Altkleidersammler, ermittelt. Seit Mitte der 1990er-Jahre ist das jährliche Sammelaufkommen an Textilien um mehr als 20 Prozent gestiegen. Und die Menge wächst weiter. Grund dafür sind vor allem immer häufigere Modewechsel und eine immer kürzere Nutzungsdauer von Bekleidung.

Unterscheidung schwierig

Im festen Glauben, etwas Gutes zu tun, stopfen viele Deutsche ihre ausrangierten Textilien in die am Straßenrand stehenden Behälter. Manchmal ist allerdings nicht so klar, wem der Altkleider-Container eigentlich gehört und wer am Ende davon profitiert. Ist es tatsächlich die gemeinnützige Organisation, deren Arbeit man mit dieser Sachspende unterstützen will? Oder handelt es sich um einen gewerblichen Sammler? Ist der Container genehmigt oder womöglich gar illegal aufgestellt worden?

Um mehr Licht ins Dunkel zu bringen, geht die Stadt Stuttgart nicht nur rigoros gegen „schwarze Schafe“ vor – rund 650 illegal im Stadtgebiet aufgestellte Container hat sie in den vergangenen zehn Jahren auf eigene Kosten verschrotten lassen. Sie hat das System auch ein Stück transparenter für den Verbraucher gemacht: Die Stadt selbst sammelt über ihren Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) Altkleider nur über das Wertstoffmobil sowie auf den fünf Wertstoffhöfen in Hedelfingen, Münster, Weilimdorf, Vaihingen und Plieningen. Dort stehen insgesamt 15 spezielle Behälter. Hinzu kommen 199 grau-blau-orangefarbene Container im Stadtgebiet. Diese tragen zwar einen AWS-Aufkleber, der Inhalt aber kommt sechs gemeinnützigen Organisationen zugute, wie teilweise anhand der zusätzlich angebrachten Aufkleber zu erfahren ist: dem Arbeiter-Samariter-Bund Baden-Württemberg, der Aktion Hoffnung Rottenburg-Stuttgart, der Aktion Friedensdorf, dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) Kreisverband Stuttgart, dem Malteser Hilfsdienst und dem Verein Help-World. Wo die Container genau stehen, kann man auf der Homepage der Stadt erfahren.

40 Firmen bekannt

Die Liste freilich ist nicht komplett, sie umfasst nur diejenigen Container, die auf städtischen Flächen stehen. Darüber hinaus aber gibt es noch zahlreiche weitere ganz legale Sammelbehälter – mal grün, mal beige, mal blau. Es handelt sich dabei um Container gewerblicher Sammler. Verbieten kann die Stadt deren Aufstellung nicht, die Standorte müssen der Verwaltung aber angezeigt werden. „Die Container stehen ausschließlich auf Privatflächen“, räumt eine Sprecherin der Stadt ein. Ganze 40 Firmen seien dem Umweltamt bekannt. Wie viele Sammelbehälter diese im Stadtgebiet aufgestellt haben, sei der Verwaltung allerdings nicht bekannt. „Die Anzahl wird nicht erfasst.“

Einer der gewerblichen Sammler ist Martin Mronsch, der mit seiner Firma Texcyle eigenem Bekunden nach in Stuttgart etwa ein Dutzend Sammelbehälter stehen hat. Darunter auch jenen an der Augsburger Straße in Untertürkheim – die Fläche hat er angemietet. Eigenem Bekunden nach ist der Marbacher seit 25 Jahren im Geschäft, verdient sein Geld damit, indem er Altkleider nach Osteuropa verkauft. Zwar prangt auch auf seinem grünen Container ein großer Aufkleber, auf dem der Unternehmer dafür wirbt, mit der Altkleidersammlung den Verein Hedi Helfen-Direkt zu unterstützen. Mronsch aber gibt unumwunden zu: „Ich sammle nicht für die oder in deren Namen.“ Vielmehr spende er dem Verein öfter einen Betrag.

Das ist in der Branche offenbar üblich. Viele gewerbliche Textilverwerter hätten das Logo eines gemeinnützigen Vereins für ihre Sammlungen gemietet, weiß man bei Fairwert in Essen. Das ändere aber nichts am kommerziellen Charakter solcher Sammlungen, betont man dort. Wer ein soziales Projekt unterstützen wolle, sollte daher genau hinschauen, was auf den Behältern stehe. Anhand dieser Angabe könne man besser einschätzen, ob die gespendeten Kleider auch wirklich Bedürftigen zugutekommen.