Wegen eines Wasserschadens wurde ein Nebengebäude des Fanny-Leicht-Gymnasiums in Stuttgart-Vaihingen geschlossen. Das trifft einen Arbeitskreis, den es bereits seit mehr als 50 Jahren gibt.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Vaihingen - Das Räumkommando, wie Gerhard Fürst es nennt, ist um 8 Uhr am Morgen gekommen. Die Männer hatten von der Stadt den Auftrag erhalten, das ehemalige Gartenbauamt an der Fanny-Leicht-Straße leer zu räumen. Ruth Schneider und Gerhard Fürst hatten davon am Tag zuvor erfahren. Am Morgen danach mussten sie und einige ihrer Mitstreiter hilflos mit ansehen, wie das beauftragte Unternehmen alles mitnahm: Prospekte, Unterrichtsmaterialien, Möbel und historische Kostüme.

 

Es war der Fundus, den der Soziale Arbeitskreis (SAK) des Gymnasiums in seiner mehr als 50-jährigen Geschichte angesammelt hatte. Ruth Schneider, ehemals Lehrerin und mittlerweile 95 Jahre alt, hatte diesen 1962 gegründet. Die Idee: Jung und Alt sollen voneinander lernen. Die Schüler unterrichten die Senioren in vielen Fächern – von Musik bis Physik, von Geografie bis Gymnastik. Die Jugendlichen üben so, Referate vorzubereiten und frei vor einer Gruppe zu sprechen.

Der Soziale Arbeitskreis stand zunächst vor dem Aus

Beheimatet war der SAK in der ehemaligen Außenstelle des Garten- und Friedhofsamts neben der Schule. „Dass es dort einen Wasserschaden gab, das hatten wir auch schon festgestellt“, sagt Fürst. Von der Entscheidung der Stadt, das Gebäude leer zu räumen und zu schließen sei man dennoch völlig überrascht worden. „Wir haben die Männer um ein paar Tage Aufschub gebeten, um wenigstens die wichtigsten Dinge rauszuholen. Aber sie hatten ihre Order“, sagt Fürst. Immerhin, ein Originalkleid von Fanny Leicht, der Stifterin der Schule, konnte gerettet werden.

Doch der Soziale Arbeitskreis stand zunächst vor dem Aus. „Wir hatten keinen Raum mehr. Das war eine echte Notsituation“, sagt Fürst. Unterschlupf fanden die Senioren im Schulgebäude. „Die Schulleitung hat uns von Anfang an unterstützt. Dafür sind wir dankbar“, sagt Fürst. Wie bisher schon dürfen die Senioren den Musik- und den Physiksaal nutzen, und darüber hinaus vier Klassenzimmer in einem Seitenflügel des Hauptgebäudes. Ein kleines Zimmer, wo Musikinstrumente und Ähnliches gelagert werden, ist übergangsweise das Büro.

Das Leitungsteam informierte die etwa 120 Senioren im September in einem Brief über die Veränderungen. Der Unterricht konnte am 10. Oktober wieder beginnen. „Aber es gibt viel Unruhe. Wir wissen nicht, wie es weitergehen soll“, sagt Fürst. Er hat sich an die Stadt gewandt, bekam aber nur die Antwort, dass noch untersucht werde, wie groß der Schaden wirklich sei. Sicher ist nur, dass mittlerweile sogar das Schloss zum ehemaligen Gartenbauamt ausgetauscht wurde. „Wir kommen gar nicht mehr rein“, sagt Fürst. Er habe Verständnis für die Entscheidung der Stadt. Schließlich wolle niemand Gesundheitsschäden riskieren. Aber die schlechte Informationspolitik der Stadt verwundert den Seniorensprecher des SAK.

Große Wertschätzung für den Sozialen Arbeitskreis

Fürst ist klar, „dass unsere Gastrolle im Schulhaus nur befristet sein kann“. Zwar habe die Schulleitung nie etwas in dieser Richtung gesagt. „Wir spüren da eine sehr große Wertschätzung“, sagt Fürst. Aber: „Wir wissen um die Raumnot der Schule. Fürst und seine Mitstreiter wünschen sich von der Stadt einen Lösungsvorschlag. Von der Stadt war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu bekommen.

Doch es gibt auch eine gute Nachricht. Der Vaihinger Bezirksbeirat unterstützt den SAK mit 3000 Euro aus seinem Budget. „Das haben wir dankend entgegengenommen. Es zeigt uns, dass der SAK eine Bedeutung im Stadtbezirk hat und wertgeschätzt wird“, sagt Fürst. Mit dem Geld soll zum Beispiel das historische Kleid von Fanny Leicht gereinigt werden. Darüber hinaus muss der SAK nun viele Dinge, die bei der Räumung des Gartenamts verloren gingen, neu beschaffen. Die Liste reicht von einer Basisbibliothek bis hin zum Geschirr.