Der Kulturkreis Weilimdorf hat in der Stadtteilbibliothek Schokoladengeschichten mit dem Schauspieler Gerald Friese präsentiert.

Weilimdorf - Selten war ein Abend in der Stadtteilbibliothek leckerer als „Chocolat“ am Mittwoch: Der Schauspieler und Sprecher Gerald Friese präsentierte Geschichte und Geschichten rund um die Schokolade, die Versucherle hatten viel Schmelz und die Gäste schwelgten in süßer Nostalgie.

 

Tropische Wärme in der Bücherei und der Nougat war schon ein wenig angeschmolzen: Genau richtig, befand Gisela Knäpple, beim Kulturkreis für die Programmplanung verantwortlich: „Bei uns gab es früher nur Blockschokolade, damit kann man anderen den Schädel einschlagen.“ Seither muss es für sie immer schön cremig sein. Zum süßen Suchtmittel hat eben jeder seine eigene Beziehung, wie sich noch zeigen sollte. Zunächst wirbelte aber Gerald Friese auf die Bühne und verkündete: „Neun von zehn Menschen lieben Schokolade – und der Zehnte lügt.“ Allerdings hatte er auch Geschichten im Repertoire, in denen Menschen Schokolade durchaus satt hatten; der Spross einer Schokoladen-Dynastie sann darin sogar auf die weltweite Vernichtung des Kakaos mit Hilfe einer speziell gezüchteten „Schokoladenmotte“. Nur süß ist eben auch nicht gut. Und schenkt man dem Medienbericht Glauben, den Friese ebenfalls verlas, hat sich die kalabrische Mafia auf den Verkauf von Schweizer Schokolade verlegt – gestohlen oder gleich ganz gefälscht, versteht sich. Es gilt ja, einen Ruf zu verteidigen.

Die meisten Episoden feiern die Schokolade

Aber die meisten Episoden des Abends feierten die Leckerei: Isabell Allende rät ihrem Stiefsohn fürs erste Date zum Schokokuchen vom Konditor seines Vertrauens: Einfach die Dekoration entfernt, auf eine eigene Tortenplatte gebettet und damit noch zwei Mal um den Tisch gehüpft, „bis der Kuchen in sich zusammengerutscht ist und als hausgemacht durchgeht“. Außerdem zeigte Friese auf, wie der von den Azteken als göttlich verehrte Kakao nach Europa kam und er hatte ergreifende Weisheiten in petto, wie: „Achtung, Schokolade lässt die Kleidung schrumpfen!“

Gut, dass er davor Wert auf politische Korrektheit gelegt hatte: „Wenn Menschen dick sind, sagt man nicht mehr ‚fett‘, sondern spricht von ‚gravitativ benachteiligt‘“, man sei ja auch nicht mehr „schwarz“, sondern „maximal pigmentiert“. Deshalb sei auch der Sarotti-Mohr aus der Werbung verschwunden. Dem Publikum jedoch schrieb der Anblick des Markenbotschafters ein seliges Lächeln ins Gesicht und die Kindheitserinnerungen an Taschengeldgroschen und Geburtstagsschokolade waren fast greifbar.

Büchereiteam hatte Lesetisch zusammengestellt

Auffallend: Die üblichen Verdächtigen „Chocolat“ von Joanne Harris oder Roald Dahls „Charlie in der Schokoladenfabrik“ fehlten an diesem Abend. Allerdings hatte das Büchereiteam einen umfangreichen Lesetisch zusammengestellt, vom Rezeptbuch bis zur Belletristik – quasi quadratisch, schokoladig, gut. Dort kam man in der Pause auch umgehend ins Gespräch: Erinnerungen wurden ausgetauscht, Lieblingssorten diskutiert. „Schokolade mit Chili macht mich misstrauisch, ich warte immer darauf, dass man was schmeckt – tut man aber nicht“, sagte eine Besucherin. Einen Helfer ließ das Thema kalt: „Ich mag keine Schokolade“, stellte er kühn fest. Ist er etwa einer von Zehnen? „Nein, aber ich liebe Vanilleeis: So ein 500-ml-Becher ist bei mir weg wie nichts.“

Die Versucherle dürften ihn da kalt gelassen haben. „Die Schokolade, die Sie heute Abend nicht aufessen, bekommen Sie am 14. Juli, denn wir werden 60!“, scherzte Büchereileiterin Astrid Sundermann und lud bereits zum Jubiläumsfest mit Clown, Comic-Workshop und Poetry Slam, das parallel zum Stadtteilfest anlässlich „775 Jahre Weilimdorf“ stattfindet. Die nächste Veranstaltung des Kulturkreises ist dagegen ein philosophischer Abend zum Vordenker der Französischen Revolution, Jean-Jacques Rousseau; der Vortrag findet am Donnerstag, 21. Juni, um 20 Uhr in der Stadtteilbibliothek, Löwen-Markt 1, statt.

Weitere Infos: www.kultur-weilimdorf.de