Die Architektin Kristina Egbers baut mit den Ingenieuren ohne Grenzen in Simbabwe 14 Klassenzimmer. Dafür ist sie nun ausgezeichnet worden.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Stuttgart - Bis jetzt ist immer alles glattgegangen. Kristina Egbers ist mit ihren Projekten immer rechtzeitig fertig geworden und hat auch die Unterstützung ihres Arbeitgebers. So wird es wohl auch dieses Jahr sein. Im Mai ist die Regenzeit in Simbabwe in der Regel vorbei. Wer Kristina Egbers zuhört, merkt, dass sie die Zeit danach schon sehnsüchtig erwartet.

 

Kristina Egbers ist eine von zehn Stuttgartern des Jahres 2018. Das ist ein Ehrenamtspreis, den die Stuttgarter Versicherung gemeinsam mit der Stuttgarter Zeitung zum fünften Mal ausgelobt haben und der am 1. April 2019 bei einer Benefizgala im Stuttgarter Veranstaltungszentrum Wizemann offiziell verliehen worden ist.

Die Schule ist also ein echter Fortschritt, ist sie doch ein stabiles Gebäude

Im Frühsommer wird die 32-jährige Architektin wie schon die drei Jahre zuvor ihren Arbeitsplatz im Stuttgarter Architekturbüro Ackermann+Raff wieder gegen einen weniger komfortablen in einem alten Klassenzimmer in dem Land im Südosten Afrikas eintauschen. Hier ist sie in die planerische Entwicklung neuer Stadtquartiere eingebunden. Dort wartet ein Projekt, das die Architektin schon seit langer Zeit zusammen mit Freunden und Kollegen ehrenamtlich für jeweils ein halbes Jahr begleitet.

Im Stadtteil Hopley der Hauptstadt Harare ist ein Schulgebäude Klassenzimmer um Klassenzimmer gewachsen. Sieben Zimmer sind es bereits. Am Ende des Projektes sollen es 14 Zimmer sein. Auf 50 Schüler ist ein Klassenzimmer ausgelegt. 700 Schüler findet dort also insgesamt Platz. In der Realität aber werden es mehr sein. Das weiß Kristina Egbers aus ihren vorausgegangenen Simbabwe-Aufenthalten. Das Viertel Hopley ist infolge einer politisch motivierten Umsiedlung entstanden. In den Zeiten vor Beginn des Schulneubaus hat der Unterricht für die Kinder in viel zu kleinen Privaträumen – sogar im Wohnzimmer der Rektoren – stattgefunden. Die Schule ist also ein echter Fortschritt, ist sie doch ein stabiles Gebäude mit roten Ziegelwänden, einer Bodenplatte aus Beton und einem Holztragwerk als Dach.

260 000 Euro haben die Ingenieure ohne Grenzen schon für den Bau zusammengetragen

Die Schule, die den Namen „Rising Star“ trägt, ist ein Projekt der Hilfsorganisation Ingenieure ohne Grenzen. Und man muss, wie Kristina Egbers’ Beispiel zeigt, nicht unbedingt Ingenieur sein, um mitzumachen. Hauptsache man kann konstruktiv ein Bauprojekt unterstützen. Kristina Egbers fand den Schulnamen, der übersetzt so viel heißt wie aufgehender Stern, am Anfang ein wenig kitschig. Aber nun passt er gut, wie sie findet. „Die Schule verändert das Viertel“, sagt Kristina Egbers. „Die Schule wird selbstbewusster.“ Und mit ihr alle, die an ihrem Bau beteiligt sind – auch die simbabwischen Bauarbeiter. Architekten gibt es im Land wenige, die Baubranche liegt am Boden. Die Preise stiegen stetig. 260 000 Euro haben die Ingenieure ohne Grenzen durch Spenden schon für den Bau der Schule zusammengetragen.

Entsprechend motiviert wird Egbers deshalb wieder zusammen mit anderen die Bauleitung in Hopley übernehmen. Sie wird ihren Laptop und ihr Mobiltelefon mittels Solarenergie betreiben. Wohnen wird sie im Haus der stellvertretenden Leiterin der Schule. Sie wird dort ohne fließendes Wasser und ohne Strom sein. Kristina Egbers stört das nicht. Sie findet es eher beruhigend, dass das Leben auch bescheidener funktioniert. Mit dieser Gewissheit und einer wachsenden Gelassenheit ist sie bisher jedes Mal aus Afrika zurückgekehrt.

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Dass sich das Engagement einmal wie ein roter Faden durch ihre Arbeitsbiografie ziehen wird, hat sie sich nicht träumen lassen. Aber dann fing es noch während ihrer Ausbildung zur Bauzeichnerin vor ihrem Studium an der Universität Stuttgart an. Damals war es ein Projekt in Bangladesh. Die Schule in Simbabwe war das Thema ihrer Diplomarbeit, die Kristina Egbers nun zu Ende bringt. Die Auszeichnung, die sie bekommen hat, zeigt ihr „dass sie den richtigen Weg eingeschlagen hat“. Das Gefühl dabei? „Ich bin schon ein bisschen stolz, auf was ich zurückschauen kann“, sagt Egbers mit leiser Stimme. Es könnte sein, dass sie dieses Mal länger in Hopley bleiben wird. Ihre Wohnung in Stuttgart gibt sie auf; den Job hat sie gekündigt.