Die Stadt will mit einer eigenen Behörde die Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben und steuern. Im neuen Am sollen bis zu 400 Beschäftigte an der digitalen Vernetzung der Stadt und besseren Online-Dienstleistungen für die Bürger arbeiten.

Stuttgart - Zwei Megathemen beherrschen derzeit die politische Debatte jenseits der Coronapandemie. Das Thema Klimaschutz hatte der Gemeinderat vor zwei Jahren im Doppelhaushalt 2020/2021 mit einem 200 Millionen Euro umfassenden kommunalen Klimaschutzpaket angegangen – die Mittel daraus fließen allerdings bislang nur spärlich ab. Im aktuellen Doppelhaus steht nun die Digitalisierung der Verwaltung und Ämter ganz oben auf der Agenda. Der Gemeinderat bewilligte dafür am Freitagabend ein Budget von 69 Millionen Euro für die beiden Haushaltsjahre 2022 und 2023. Damit nicht genug: Bis 2026 wird das Finanzierungsvolumen auf 175 Millionen Euro anwachsen.

 

Schon bei der Vorstellung seines Etatentwurfs im September hatte Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) die Digitalisierung der Stadtverwaltung als die gewichtigste Aufgabe des kommenden Jahrzehnts bezeichnet. Digitalisierung sei aber kein Selbstzweck: Vielmehr sollen die Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzt werden, im Idealfall eine Baugenehmigung „vom heimischen Sofa aus“ beantragen zu können, ihr Auto online zuzulassen oder das Kind per PC in der Kita anzumelden, so der Rathauschef. Digitalisierung bedeute darüber hinaus nicht nur eine Verbesserung des Bürgerservice durch mehr Effizienz der Verwaltung, sondern erhöhe auch die Attraktivität der Stadt als Arbeitgeber.

Stadträte genehmigen 130 neue Stellen für IT-Spezialisten

Den Grundstein für den digitalen Wandel der Stadt hatte Noppers Parteifreund, Verwaltungsbürgermeister Fabian Mayer, bereits vor zwei Jahren mit dem Konzept „Digital MoveS“ gelegt. Gestartet war Mayer mit einem Budget von etwa 25 Millionen Euro und knapp 100 zusätzlichen Personalstellen, im aktuellen Etat kommen nun noch einmal gut 130 Stellen dazu – inklusive der Position des Leiters für das neu geschaffene Amt für Digitalisierung und IT, das im April seine Arbeit aufnehmen und die Koordination der Querschnittsaufgabe übernehmen wird. Dazu gehört der Ausbau der Breitbandanschlüsse etwa für Schulen, die Qualifizierung der städtischen Beschäftigten und die IT-Sicherheit sowie der Datenschutz – letzteres ist laut Mayer ein Aufgabenschwerpunkt des neuen Amts.

Organisatorisch werden dazu die bisher bereits mit dem Thema befassten Abteilungen beim Haupt- und Personalamt wie Informations- und Kommunikationstechnik oder eGovernment in das Amt integriert. Weil in der neuen Behörde, für die die Verwaltung derzeit noch nach einem griffigen Namen sucht, künftig (inklusive Teilzeitkräften) mehr als 300 Beschäftigte arbeiten werden, braucht es Platz: Das neu geschaffene Amt soll im Bürogebäudekomplex Bülowbogen an der Heilbronner Straße residieren, die Verhandlungen über den Mietvertrag sind aktuell noch im Gange.

Übertarifliche Zulage von 100 Euro für Springer in Bürgerämtern

Stuttgart hat wie andere Kommunen auch bei der Digitalisierung durchaus Nachholbedarf. Derzeit werden zwar rund 100 Dienstleistungen digital angeboten, meist allerdings nur in Form von Online-Anträgen. Ziel ist es, dass künftig vom Antrag bis zum Ausdruck und Versand der gewünschten Dienstleistung alles auf rein digitalem Weg abgewickelt werden kann.

Nicht online-affine Bürger sollen weiterhin vor Ort in den chronisch überlasteten Bürgerämtern der Stadtbezirke die Möglichkeit haben, etwa eine Bonuscard oder den neuen Personalausweis zu beantragen. Weil die Bürgerämter personell unterbesetzt sind, helfen dort fünf sogenannte Springer aus. Um die Stellen, die zwar schon seit 2018 genehmigt wurden, aber selten dauerhaft besetzt waren, attraktiver zu machen, haben die Stadträte eine übertarifliche Springer-Zulage von 100 Euro pro Monat bewilligt.