Am Samstag wird im Europa-Park in Rust die Miss Germany 2023 gekürt. Die Stuttgarterin Nadine Berneis fiebert mit – als Zuschauerin. Sie trug den Titel im Jahr 2019. Wie die Wahl ihr Leben beeinflusst hat, erzählt sie im Interview.

Die Stuttgarter Polizistin Nadine Berneis wurde 2019 zur Miss Germany gekürt. Inzwischen hat die 33-Jährige ein Studium an der Hochschule für Polizei in Villingen-Schwenningen beendet und sich mit ihrem Instagram-Kanal ein zweites Standbein aufgebaut. Viel Positives in ihrem Leben führt sie auf ihre Wahl zur Miss Germany zurück.

 

Nadine Berneis, verfolgen Sie die aktuelle Wahl zur Miss Germany?

Ich verfolge das auf jeden Fall, den ganzen Prozess. Den größten Bezug hatte ich aber natürlich zu der Miss Germany, die mir direkt gefolgt ist. Beim Finale am Samstag im Europapark werde ich auch wieder mit dabei sein.

Welche Erinnerungen kommen dann hoch?

Es hat immer etwas sehr Emotionales für mich. Weil ich weiß, dass dieser Titel so viel Positives in meinem Leben bewirkt hat. Ich bin darüber so dankbar. Deswegen ist es für mich immer etwas Besonderes, dort zu sein, die Atmosphäre mitzuerleben und mich auch an meine Wahl zurückzuerinnern.

Ihre eigene Wahl zur Miss Germany liegt nun vier Jahre zurück. Hat dieser Titel noch Einfluss auf Ihr aktuelles Leben?

In dem Jahr als Miss Germany habe ich eine große persönliche Entwicklung gemacht. Das war eine Schule fürs Leben und hat mich zehn Jahre weiter gebracht, mich reifen lassen, mich zu einer Frau werden lassen. Ich bin selbstbewusst, das war ich vorher nicht. Ich habe mir auf Instagram ein zweites Standbein aufgebaut. Dort berichte ich meinen Followern aus meinem Leben, und anscheinend kommt meine Art ganz gut an und die Werte, die ich vertrete. Das macht mir großen Spaß. Ich sage oft zu meinem Mann: Überleg mal, wie unser Leben heute wäre, wenn ich nicht Miss Germany geworden wäre. Das wäre kein schlechtes Leben, aber eben ein ganz normales Leben. So habe ich noch viele andere Möglichkeiten und das ist schon schön.

Sie sind nach dem Jahr als Miss Germany wieder zurück in Ihren Polizeiberuf gegangen. Wie war das?

Ich bin ein bodenständiger Mensch. Mir war immer klar: mit einem Bein bleibe ich in der realen Welt und das andere Bein darf Luft schnuppern. Das darf auf Events, rote Teppiche oder in dieser Instagram-Bubble sein. Ich ziehe mir was aus beiden Welten. Natürlich wurde ich von vielen Leuten angesprochen auf mein Jahr als Miss Germany. Aber meine Arbeit mache ich wie jeder andere auch. Ich bekomme da keine Vorzüge. Manchmal ist es mir auch unangenehm zu wissen, dass mein Chef auf Instagram verfolgen kann, was ich so mache. Aber dessen muss man sich bewusst sein, wenn man in der Öffentlichkeit steht.

War es denn sehr gewöhnungsbedürftig, als Sie plötzlich bekannt waren?

Am Anfang war ich noch nicht so bekannt, das kam eher mit den wachsenden Followern bei Instagram. Wenn ich in der Öffentlichkeit bin, vergeht mittlerweile kein Tag, an dem mich nicht jemand erkennt. Manche Follower schreiben mir dann, dass sie mich irgendwo gesehen haben, sich aber nicht getraut haben, mich anzusprechen. Das ist schon komisch, aber auch schön. Ich finde es besser, wenn mich jemand anspricht und ein Foto mit mir macht, als wenn man mich anstarrt und tuschelt. Man fühlt sich beobachtet. Ich darf nicht mehr bei Rot über die Ampel gehen, es könnte ja sein, dass mich jemand sieht. Ich habe als Ex-Miss-Germany und als Polizistin ja eine doppelte Vorbildfunktion. Ich darf mir eigentlich gar nichts mehr erlauben.

Mit welchen Erwartungen sind Sie als Miss Germany gestartet und wurden sie erfüllt?

Ich wollte einfach nur Selbstbewusstsein gewinnen und aus meiner Komfortzone raus. Ich war sehr schüchtern und habe mich in großen Gruppen nicht wohl gefühlt. Das wollte ich ändern. Dass ich gewinne, hatte ich nicht erwartet. Auch an das Jahr als Miss Germany hatte ich keine konkreten Erwartungen. Ich wollte einfach ein cooles Jahr haben und mich weiter entwickeln.

Ihre Vorgängerin Anahita Rehbein äußerte sich nach ihrem Miss-Germany-Jahr kritisch. Sie fühlte sich nicht genug gefördert. Können Sie das verstehen?

Das hängt vielleicht mit den Erwartungen zusammen, die man hat. Ich kann mich nicht erinnern, dass es in dem Jahr mal einen Job gab, auf den ich keine Lust gehabt hätte. Und selbst wenn – ich habe es als meinen Job angesehen und bei jeder Arbeit muss man auch mal etwas machen, worauf man weniger Lust hat. Ich kann wirklich nur positives berichten. Ich hatte auch immer Ansprechpartner, die sich um mich gekümmert haben.

Was war es für ein Gefühl, die Krone wieder abzugeben?

Ich war traurig, aber ich konnte mich ja darauf einstellen. Ich hatte von Anfang an den Plan, wieder zurück zur Polizei zu gehen. Deshalb war das für mich okay, auch wenn der Moment dann schon emotional war. Für meine Nachfolgerin hab ich mich sehr gefreut. Leider kam dann aber Corona und sie hatte nicht so viel davon. Da ist mir dann auch bewusst geworden, was für ein Glück ich hatte, dass ich ein Jahr vorher Miss Germany war.

Der einstige Schönheitswettbewerb hat sich stark verändert. Inzwischen soll nicht mehr das Aussehen, sondern die Persönlichkeit der Frauen im Vordergrund stehen. Wie schätzen Sie die Veränderungen ein?

Ich finde das sehr gut. Bei mir gab es schon Veränderungen, zum Beispiel wurde der Bikini-Walk abgeschafft. Im Vergleich zu den Jahren zuvor habe ich außerdem nicht dem typischen Schönheitsideal entsprochen. Daran hat man gemerkt, dass jemand gesucht wurde, der für etwas steht und eine Geschichte zu erzählen hat. Ich glaube, ich habe da schon einen ganz guten Wendepunkt in die richtige Richtung dargestellt. Die meisten Medien haben dann auch aufgegriffen, dass ich mit 28 Jahren eine recht alte Miss Germany war und dass ich diese Zahnlücke habe.

Die Kandidatinnen heute müssen eine Mission vertreten. Hatten Sie auch eine Botschaft?

Meine Botschaft ist auch heute noch, dass unperfekt perfekt ist. Man muss nicht perfekt sein, um etwas im Leben zu erreichen. Man kann nicht alles wissen, kann nicht alles richtig machen. Man muss nicht makellos sein, um als schön zu gelten. Ausstrahlung, Wissen oder Humor machen die Schönheit eines Menschen aus. Es stimmt wirklich, dass Schönheit von innen kommt.