Die Novemberhilfe ist nun eingetroffen. Weit weniger als versprochen worden ist, aber weit mehr, als sich Claudia Kiebele erhofft hat, sagt die Wirtin vom Vetter Essen & Trinken, bekannter unter dem Namen Weinstube Vetter.

Stuttgart - Die Perspektivlosigkeit macht den Gastronomen in der derzeitigen Situation am meisten zu schaffen. Eigentlich sei sie ja ganz froh, dass sie wenigstens für Abholer kochen dürfe, sagt Claudia Kiebele, aber wer wisse denn, wie lange das noch so weitergeht? Die Wirtin der Weinstube Vetter im Gespräch.

 

Frau Kiebele, eigentlich geht es ja fast nicht mehr, eine Gastronomin mit ‚Wie geht’s?‘ zu begrüßen?

Nein! Ich muss gestehen, die Grundstimmung ist natürlich schlecht. Wir haben ein echtes Arbeitsverbot, das finde ich schon sehr schwierig. Aber die Stimmung ist nicht durchgängig schlecht.

Was muntert Sie auf?

Dass wir so tolle Gäste haben, die wollen, dass wir überleben und immer brav ihr Essen abholen. Obwohl die vermutlich alle gut kochen können, machen sie das trotzdem. Und viele kaufen hier sogar ihren Wein zum Essen, obwohl sie ihn im Laden sicher günstiger kriegen.

Dass nun die Novemberhilfe endlich eingetroffen ist, hellt die Stimmung auch ein bisschen auf?

Auf jeden Fall. Ursprünglich hieß es ja, dass es bis zu 75 Prozent des Umsatzes vom letzten November gibt, davon sind wir allerdings weit entfernt. Aber: Mit so viel, wie es gab, hatte ich eigentlich gar nicht gerechnet. Es ist ein schönes Geld, das uns hilft – aber es ist auch schnell wieder verbraucht, wenn man keinen Verpächter hat, der einem entgegenkommt.

Haben Sie einen solchen?

Wir haben einen Verpächter, der immer gesprächsbereit ist und uns schon im Frühjahr einen Teil der Pacht erlassen hat. Ich habe aber mit vielen Kollegen gesprochen, und bei keinem war das so.

Da haben Sie Glück gehabt!

Nun, wir sind nun 30 Jahre hier drin und haben immer brav bezahlt. Aber ja, wir haben Glück gehabt.

Dann ist doch die Lage so weit okay?

Ich beklage mich nicht, wir können immerhin was tun. Das ist zwar nicht unsere Art zu arbeiten, aber es ist trotzdem wahnsinnig wichtig, dass man was macht, schon, um in der Spur zu bleiben. Das Arbeiten ist für die eigene Seele unheimlich wichtig. Dass das nie ausreichen kann, darf sich jeder selbst ausrechnen. Wenn ich abends den Geldbeutel aufmache und reinschaue, frage ich mich manchmal, ob es sich lohnt, das bisschen zur Bank zu bringen. Das ist trostlos, da muss man gar nicht drumrumreden.

Gerade für ein Lokal, das mit einer besonderen Weinkarte in diesem Bereich immer etwas mehr Umsatz gemacht hat. Immerhin seid ihr eine Weinstube!

Wir haben vor Jahren beschlossen, dass wir eben keine einfache Weinstube sind, sondern ein Restaurant, wir heißen ja auch Vetter Essen und Trinken. Aber das mit der Weinstube werden wir wohl nie loskriegen, die Leute sagen eben Weinstube Vetter.

Aber das ist weniger frustrierend als die Perspektive?

(lacht) Das stimmt. Wir werden überleben – weil wir kleine Brötchen backen. Ich hoffe, dass wir wenigstens so wie bisher weitermachen dürfen, aber keiner weiß, wie es weitergehen wird. Aber wir hatten eben auch noch nie eine Pandemie.