In Indien ein Held der Armen, weltweit ein Vorbild für Millionen Menschen: Der Friedensnobelpreisträger Kailash Satyarthi ist erster Gast der „Stuttgarter Gespräche“. Hier können Sie sich zur Veranstaltung anmelden.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - Kailash Satyarthi hat in seinem Leben viele Tränen gesehen: Tränen der Verzweiflung und des Schmerzes – aber auch viele Tränen der Erleichterung und der Dankbarkeit. „Mein Lohn bemisst sich in Tränen der Freude von Eltern, denen ich ihr Kind aus der Arbeitsversklavung wieder nach Hause bringe“, sagt der Inder. „Das ist es, was für mich zählt. Das ist der Sinn meines Lebens.“

 

Mehr als 80 000 Kinder hat Kailash Satyarthi in den letzten 35 Jahren mit seiner Organisation „Bachpan Bachao Andolan“ aus Sklaverei und Schuldknechtschaft in Indiens Steinbrüchen, Ziegeleien und Teppichfabriken befreit. Noch immer ist der 61-Jährige selbst mit dabei, wenn Kinder aus dunklen, schmutzigen Fabrikgebäuden geholt werden, in denen sie zu erbärmlichen Löhnen schuften müssen. Er hat dafür sein Leben riskiert, wurde mehrfach zusammengeschlagen. „Ich habe Narben am ganzen Körper, aber ich lebe“, sagt der elegante, sanftmütig klingende Mann.

Am 5. Oktober besucht Satyarthi Stuttgart

Für seinen unermüdlichen Einsatz gegen Kinderarbeit wurde Satyarthi im Oktober 2014 der Friedensnobelpreis verliehen. Er bekam die Auszeichnung gemeinsam mit der pakistanischen Kinderrechtlerin Malala Yousafzai. „Ich schlafe jetzt weniger und spreche mehr“, antwortete Satyarthi nach der Verleihung des Nobelpreises auf die Frage, wie dieser Preis seinen Alltag verändert habe.

Am Montag, 5. Oktober, wird der Inder ausführlich in Stuttgart sprechen – als erster Gast der neuen Veranstaltungsreihe „Stuttgarter Gespräche“, die von der Robert Bosch Stiftung und der Stuttgarter Zeitung ins Leben gerufen wird. Ab 19 Uhr wird Satyarthi im Theaterhaus Gast von StZ-Chefredakteur Joachim Dorfs sein. „Kampf gegen Kinderarbeit – Für eine kinderfreundliche Welt“ lautet der Titel der Veranstaltung, zu der die Leserinnen und Leser der Stuttgarter Zeitung herzlich eingeladen sind (siehe Kasten).

Kailash Satyarthi wird von seinem lebenslangen Kampf gegen die Misshandlung und Ausbeutung von Kindern in seinem Heimatland Indien berichten, aber auch von seinem inzwischen globalen Einsatz gegen Kinderarbeit. Satyarthi ist der Architekt und Kopf von zwei der größten zivilgesellschaftlichen Bewegungen: dem „Global March Against Child Labour“ und der „Global Campaign for Education“.

In Indien ein Held der Armen

1998 organisierte er einen weltweiten Marsch gegen Kinderarbeit, der über 80 000 Kilometer durch mehr als hundert Staaten in Asien, Afrika, Amerika, Australien und Europa führte und schließlich in Genf endete – dem Sitz der Internationalen Arbeitsorganisation ILO. Seine jüngste Initiative setzt sich dafür ein, die Abschaffung der Kindersklaverei in die Entwicklungsagenda der UN aufzunehmen.

Kailash Satyarthi hat sich früh für ein Leben als Aktivist entschieden – dabei hätte er es leicht haben können im Leben. Er entstammt einer angesehenen Familie, die zu einer höheren Kaste in Indien gehört. Er ist studierter Elektroingenieur, der eine glänzende Karriere vor sich hatte. Doch bereits im Alter von 26 Jahren gab er seinen erlernten Beruf auf und fasste den Beschluss, sich voll und ganz dem Kampf gegen Kinderarbeit zu widmen.

Dieses ungewöhnliche Engagement, das ihn heute in Indien zu einem Held der Armen und weltweit zu einem Vorbild für Millionen gemacht hat, zeichnete sich sehr früh ab. Kailash Satyarthi war sechs Jahre alt, als er auf dem Weg zu seiner Schule am Bordsteinrand einen Jungen sah, der zusammen mit seinem Vater Schuhe putzte – jeden Tag, von morgens bis abends. Während er selbst Lesen und Schreiben lernen durfte, musste dieser Junge im Dreck schuften. Diese Ungerechtigkeit war, so sieht es Kailash Satyarthi heute, die Initialzündung seines humanitären und politischen Einsatzes. Bereits mit elf Jahren begann er Geld zu sammeln für Familien, die ihre Kinder aus finanziellen Gründen nicht in die Schule schicken können.

„Ich glaube daran, dass jeder etwas bewegen kann und muss“, sagt Satyarthi und strahlt dabei einen unerschütterlichen Optimismus aus. „In einer Welt, in der ein Nelson Mandela Präsident eines Landes werden und das deutsche Volk friedlich seine Wiedervereinigung erlangen konnte, in solch einer Welt ist alles möglich.“

Das Gespräch mit Satyarthi – so können Sie dabei sein

Anmeldung: Die Veranstaltung mit dem indischen Friedensnobelpreisträger findet am Montag, 5. Oktober, ab 19.00 Uhr im Theaterhaus Stuttgart (Siemensstraße 11, 70469 Stuttgart) statt. Wer an diesem „Stuttgarter Gespräch“ mit Kailash Satyarthi teilnehmen möchte, kann sich bis Mittwoch, 16. September 2015, 24.00 Uhr, anmelden: – entweder telefonisch unter 0 13 79 / 88 40 13 (Kosten: 0,50 € pro Minute aus dem dt. Festnetz; ggf. abweichende Preise aus dem Mobilfunknetz).

Auslosung: Unter allen Anmeldungen werden 500 Teilnehmer ausgelost. Die Gewinner werden von der Stuttgarter Zeitung schriftlich benachrichtigt.