Die Landtagspräsidentin steht als mögliche OB-Kandidatin der Grünen in Stuttgart im Fokus. Dazu hat sich jetzt auch der Tübinger OB (und frühere Stuttgarter OB-Kandidat) Boris Palmer geäußert.

Stuttgart - Wird nach dem Rückzug des amtierenden Oberbürgermeisters Fritz Kuhn nun die Landtagspräsidentin Muhterem Aras (54) für die Grünen in die OB-Wahl am 8. November ziehen? Boris Palmer, amtierender OB von Tübingen und im Jahr 2004 selbst schon Stuttgarter OB-Kandidat mit dem Grünen-Parteibuch, könnte so einer Entwicklung einiges abgewinnen. „Ich bin ein großer Fan von Muhterem Aras“, sagte Palmer unserer Zeitung, „meiner Meinung nach wäre sie dem OB-Amt in Stuttgart absolut gewachsen.“

 

Mit ihren persönlichen Eigenschaften, ihrem Werdegang und ihren Erfahrungen sei sie für die Aufgabe qualifiziert – „und damit hat sie aus heutiger Sicht auch Chancen, die Wahl zu gewinnen, obwohl wir natürlich die Gegenkandidaten noch nicht kennen“, sagte Palmer. Dem streitbaren Grünen auf dem Tübinger OB-Sessel imponiert nach eigener Auskunft, wie es Aras geschafft habe, in das Amt der Landtagspräsidentin hineinzuwachsen und wie sie Landespolitik und ihren persönlichen Werdegang als Migrantin, die in jungen Jahren aus Anatolien kam, nicht zuletzt Schülern und anderen jungen Leuten vermittle. Palmer rechnet es Aras auch hoch an, dass sie in der Debatte über Flüchtlinge und Flüchtlingspolitik ihm wegen seiner Thesen nicht einfach rechtspopulistische Haltung unterstellt habe, wie es andere getan hätten. Sie habe sich mit seinen Äußerungen sachlich auseinandergesetzt.

Palmer sieht Parteiorganisation am Ball

Palmer kannte Aras aber schon früher, nämlich aus seinem OB-Wahlkampf in Stuttgart, als Aras Stuttgarter Stadträtin war. Drei Jahre später wurde sie sogar Fraktionsvorsitzende der Grünen im Gemeinderat zusammen mit Werner Wölfle. Was die Wahlchancen von Aras angeht, sagte Palmer auch: „In einer großen Stadt wie Stuttgart kann man grundsätzlich gewählt werden, ob man nun mit Vornamen Muhterem heißt oder etwa Frank.“ Aber er habe keine Empfehlungen auszusprechen, was die Kandidatenfindung der Grünen in Stuttgart angehe. Der Ball liege bei der Parteiorganisation. Deren Sache sei es, sich mögliche Bewerberinnen und Bewerber anzuschauen und sich geschlossen hinter jemanden zu stellen.

Zu den gegenwärtigen Akteuren der Grünen in Stuttgart hat Palmer nach eigener Aussage kaum mehr Kontakte. Innerparteilich hat er bisweilen heftige Kritik für manche Thesen und Vorstöße geerntet. Er selbst sieht sich nach wie vor als grünen Aktivposten und Garanten für einen erfolgreichen Wahlkampf und gut gefüllte Säle. Könnte Palmer, dessen zweite Amtszeit in Tübingen bis 2022 währt, also doch an einer erneuten OB-Kandidatur in Stuttgart interessiert sein? Dazu sagte er unserer Zeitung: „Es gibt diesbezüglich keinerlei Kontakt. Als OB bohrt man, wie auch Kuhn sagte, dicke Bretter – und ich habe in Tübingen den Bohrer noch im Brett. Da will ich noch weiter bohren.“ Hauptsächlich möchte er Tübingen bis 2030 zur klimaneutralen Stadt machen. Dabei sei er weit voran gekommen, aber nicht am Ziel.

Rezzo Schlauch warnt vor voreiligen Ausschlüssen

Als OB brauche man Zeit. „Bis man eine Stadt versteht und wirkliche Akzente setzen kann, vergeht Zeit“, sagte Palmer. Acht Jahre seien eigentlich zu wenig. Insofern habe er durchaus auch Verständnis für Fritz Kuhn, wenn ihm vorgehalten würde, dass er manche Projekte noch nicht vollendet habe. Kuhns Begründung für den überraschenden Verzicht auf eine erneute Kandidatur wollte Palmer nicht bewerten: „Persönliche Gründe sind nicht zu hinterfragen.“

Ein anderer früherer OB-Kandidat der Grünen in Stuttgart, Rezzo Schlauch, äußerte sich auf Anfrage nur knapp zum Thema: „Ich würde es für einen Fehler halten, wenn man von vornherein einen Kandidaten ausschließen würde“, sagte er unserer Zeitung – nachdem zuvor Gabriele Nuber-Schöllhammer, Fraktionschefin im Rathaus, den Namen Boris Palmer als unerwünscht abgehakt hatte.

Ein intimer Kenner der Grünen-Landespartei, der seinen Namen nicht nennen will, sagte unserer Zeitung, am besten geeignet wäre tatsächlich Palmer, doch dessen Nominierung sei den Stuttgarter Grünen nicht zuzutrauen. Aras wäre sicherlich eine hervorragende Wahl. Ins Blickfeld könnten außerdem Finanzstaatssekretärin Gisela Splett (52) und vielleicht die Stuttgarter Abgeordnete Thekla Walker (50), haushalts- und finanzpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, kommen. Die Landesvorsitzende Sandra Detzer (39) habe letzten Endes wahrscheinlich höhere Ambitionen. Zu hören ist in Grünen-Kreisen auch der Name Petra Olschowski (54). Die Staatssekretärin im Landesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst ist seit kurzer Zeit Parteimitglied. Aber wahrscheinlich steht niemand bei den Überlegungen momentan öffentlich so im Fokus wie Muhterem Aras.